Am 19. Juni fand das EDF Webinar „Zurückgelassen? Frauen mit Behinderungen während COVID 19“ statt, Christina Wurzinger nahm für den Behindertenrat daran teil und ist Autorin dieser Zusammenfassung:
Moderiert wurde das Webinar von Ana Peláez Narváez, Vize-Präsidentin des EDF und Mitglied im UN-Ausschusses über die Rechte der Frauen.
Updates zur Situation von Frauen und Mädchen mit Behinderungen
Luisa Bosioso schilderte aus Sicht des EDF Frauenkomitee die aktuellen Herausforderungen.
Mit der COVID-19-Pandemie haben Diskriminierung, Misshandlungen und Menschenrechtsverletzungen gegen Frauen und Mädchen mit Behinderungen europaweit stark zugenommen. Die gestiegenen Zahlen spiegeln sich allerdings nicht in den erhobenen Beschwerden wider. Dies liegt daran, dass Notdienste und Hotlines Frauen und Mädchen mit Behinderungen nicht barrierefrei zugänglich sind. Die Situation für die Personengruppe in Institutionen ist besonders schwierig. Über 74% aller in Institutionen während der Corona-Krise verstorbenen Personen waren weiblich. Vielfach wurden Personen, so auch Mütter von Kindern mit Behinderungen ohne Unterstützung zurück gelassen.
Good Practice-Beispiele für Maßnahmen während der Pandemie
Isabel Caballero von der spanischen CERMI Women Foundation berichtete darüber, dass CERMI praktische und barrierefreie Richtlinien für Frauen und Mädchen mit Behinderungen, die von Gewalt betroffen sind, erstellt hat. Es wurde auch ein Service für Frauen mit Hörbehinderungen eingeführt. CERMI hat außerdem einen virtuellen Treffpunkt für Frauen mit Behinderungen geschaffen, in dem gegenseitiger Austausch und Beratung stattfinden kann. Wöchentlich findet am Mittwoch ein Webinar auf spanisch statt, das auch zahlreiche Teilnehmerinnen aus südamerikanischen Ländern in Anspruch nehmen.
Sicht der europäischen Frauenbewegung auf die Pandemie
Joanna Maycock, Generalsekretären der Europäischen Frauenlobby erklärte, dass die Krise keine neuen Phänomene hervorgebracht hat, sondern lediglich alte Problemlagen verschärft hat. Gewalt gegen Frauen mit Behinderungen, ihre Marginalisierung am Arbeitsmarkt, der beschränkte Zugang zu Gesundheitsleistungen und zu Informationen, der Mangel an körperlicher Selbstbestimmung – all dies wurde durch COVID 19 deutlich verstärkt.
Datensammlung zu Frauen mit Behinderungen
Marre Karu vom Europäischen Institut für Geschlechtergleichheit erklärte, dass der Zugang zu Informationen nicht nur von, sondern auch über Frauen mit Behinderungen sehr schwierig ist. Noch schwieriger ist es, Daten über Kinder bzw. Mädchen mit Behinderungen zu erlangen. Festzustellen ist jedenfalls, dass Frauen mit Behinderungen weltweit über den schlechtesten Gesundheitszustand verfügen und vielfach keinen Zugang zu medizinischer Versorgung haben. 35% der Frauen mit Behinderungen im arbeitsfähigen Alter sind dem Armutsrisiko ausgesetzt. Dies dürfte sich mit der Pandemie deutlich verstärken. Meistens sind es Frauen, die unbezahlt arbeiten indem sie häusliche Pflege leisten.