Der Weg zu barrierefreien audiovisuellen Mediendiensten
Von Dr.in Christina Meierschitz
Bereits im Jahr 1989 hat sich die EU mit der Richtlinie (RL) „Fernsehen ohne Grenzen“ der Sicherstellung des freien Empfangs und der Weiterverbreitung audiovisueller Werke aus anderen Mitgliedstaaten gewidmet. Es musste eine Art Waffengleichheit zwischen dem klassischen linearen Fernsehen einerseits und diversen Videoplattformen und Streaming Diensten andererseits hergestellt werden.
Daher wurde im Jahr 2007 die Richtlinie (RL) „Fernsehen ohne Grenzen“ novelliert. Nicht nur wurde sie in „RL über audiovisuelle Mediendienste“ umbenannt, sondern auch barrierefreie Maßnahmen empfohlen. Mit Gebärdensprache, Untertitelung, Audiobeschreibung und leicht verständlicher Menüführung sollte das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben gewährt werden. Dieser Text war jedoch weich formuliert und nicht bindend.
Durch die Verpflichtung zur Umsetzung der Richtlinie über Audiovisuelle Mediendienste kam es in Österreich im Jahr 2010 zu einer Rundfunkrechts-Reform. Bei dieser Reform wurde das Privatfernsehgesetz in „Bundesgesetz über audiovisuelle Mediendienste (Audiovisuelles Mediendienste-Gesetz – AMD-G)“ geändert.
Bezüglich der Barrierefreiheit für hör- und sehbehinderte Personen war entsprechend der Richtlinie vorgesehen, dass durch Untertitelung, Verdolmetschung in Gebärdensprache und Audiodeskription eine Steigerung barrierefreier Angebote schrittweise erfolgen soll. Aber auch diese Formulierung hatte keine wirkliche Verpflichtung mit sich gebracht.
Im Mai 2018 wurden mit einer Novelle der EU-RL sowohl öffentlich-rechtliche Fernsehstationen als auch private Streaming Dienste zu kontinuierlich steigender Barrierefreiheit verpflichtet. Auch in Österreich musste in Folge mit der Umsetzung der Richtlinie bis Ende 2020 verpflichtende kontinuierlich steigende Barrierefreiheit festgeschrieben werden.
Alle Rundfunk-Fernsehdienste, andere lineare Mediendienste über elektronische Kommunikationsnetze wie etwa Web-TV oder Live-Streaming in Mobilfunknetzen und sogenannte Abrufdienste, wie etwa Video-on-Demand-Portale müssen nun ihre Angebote für Menschen mit Seh- und/oder Hör- Beeinträchtigungen einfach zugänglich machen sowie relevante Inhalte verständlich und leicht zugänglich vermitteln.
Dazu wurde im Audiovisuellen Mediendienste Gesetz ein eigener Paragraf für Barrierefreiheit geschaffen. Dieser besagt, dass Mediendiensteanbieter, ab einem Jahresumsatz von mehr als 500.000 Euro, dafür zu sorgen haben, dass jährlich der Anteil der barrierefrei zugänglichen Sendungen kontinuierlich und stufenweise erhöht wird. Dafür müssen sie einen Aktionsplan erstellen, sowie einen Bericht, der die jährlichen Umsetzungsmaßnahmen aufzeigt. Diese Berichte sind der Regulierungsbehörde (KommAustria) zu übermitteln und müssen leicht, unmittelbar und ständig zugänglich veröffentlicht werden. Durch die regelmäßigen Berichtspflichten werden die Anbieter angehalten, die Umsetzung ihres Aktionsplans und die Erhöhung der Anteile an barrierefreien Sendungen zu erklären und zu rechtfertigen. Kann der Aktionsplan nicht eingehalten werden, so ist dies gegenüber der Regulierungsbehörde zu begründen und es sind Schritte darzulegen, wie das Ziel schnellstmöglich erreicht werden kann.
Als Servicestelle für Beschwerden und Informationsangebote zum Thema Barrierefreiheit audiovisueller Mediendienste wurde die RTR-GmbH eingerichtet. Diese stellt Informationsangebote bereit und unterstützt damit die Medienanbieter zur Herstellung von barrierefreien Angeboten. Darüber hinaus fungiert sie als Beschwerdestelle wegen fehlender Barrierefreiheit – auch als Onlineanlaufstelle.
Zur kontinuierlichen und stufenweisen Anhebung barrierefreier Sendungen wurde auch der ORF angehalten. Er hat ebenfalls einen Aktionsplan zu erstellen, der leicht, unmittelbar und ständig zugänglich zu veröffentlichen ist. Dafür muss er den Publikumsrat sowie repräsentative Organisationen für Menschen mit Seh- und/oder Hör-Beeinträchtigungen und für Menschen mit intellektuellen Beeinträchtigungen anhören. Der ORF muss eine jährliche Steigerung des barrierefreien Programmanteils von 2,5 bis 4 Prozent sicherstellen und soll so bis 2030 vollständig barrierefrei werden.