Gewalt an und Gewaltprävention für Menschen mit Behinderung / Enquete des Landes Tirol am 20.01.2021
Zusammengefasst von Dr.in Christina Meierschitz.
Im Mittelpunkt stand die Studie „Erfahrungen und Prävention von Gewalt an Menschen mit Behinderungen“. Die Veranstaltung wurde als Livestream online abgehalten und konnte barrierefrei mitverfolgt werden. Es wurde in ÖGS und leichte Sprache gedolmetscht, ebenso wurde Schriftdolmetschung angeboten. Nach jedem Vortrag gab es eine Zusammenfassung mit einer Visualisierung von Petra Plicka, Expertin für Einfache Sprache..
Auf YouTube LIVE I Enquete „Hinschauen, handeln und Schutz bieten! – YouTube kann die Veranstaltung noch einmal gehört und gesehen werden.
Landesrätin Gabriele Fischer betont, dass Gewalt und Gewaltschutz alle angeht. Menschen müssen vor jeglicher Art von Gewalt geschützt werden. Bundesminister Rudolf Anschober hat in seinen Grußworten Bezug auf Artikel 16 der UN-BRK und die vom Sozialministerium in Auftrag gegebene Studie „Erfahrungen und Prävention von Gewalt an Menschen mit Behinderungen“ vom Institut für Rechts- und Kriminalsoziologie genommen. Die Ergebnisse dieser Studie müssen seiner Meinung nach jedenfalls in den Nationalen Aktionsplan Behinderung 2021 bis 2030 einfließen.
Im Anschluss wurde die Studie von Dr. Mayerhofer vorgestellt. Der Behindertenrat hat darüber bereits berichtet. Die Studie steht kostenlos zum Download auf den Seiten des Sozialministeriums zur Verfügung: Erfahrungen und Prävention von Gewalt an Menschen mit Behinderungen (sozialministerium.at).
Es folgte ein Statement von Alfred Rauchegger. Er war Mitglied des ethischen Beirats der Studie und ist Peer-Berater für Menschen mit Lernschwierigkeiten in Salzburg. Wichtig ist ihm, dass es barrierefreie Beratungsstellen in Österreich gibt. Wichtig bei der Studie war ihm, dass sowohl bei der Studienerhebung als auch im Ergebnis leichte Sprache verwendet wird. Deshalb hat er auch bei der Broschüre zur Studie in leichter Sprache mitgearbeitet. Diese Broschüre ist auf der Seite des Sozialministeriums zu finden. https://www.sozialministerium.at/dam/jcr:add1dd83-b02f-4146-9caf-e405312c6d00/210119_Gewaltstudie_LL_pdfUA%20(003).pdf
Die Risiko- und Schutzfaktoren, die sich aus der Studie ergeben haben, wurden von Frau Mag.a Sabine Mandl, Wissenschaftlerin am Ludwig Bolzmann Institut für Menschenrechte gemeinsam mit Frau Mag.a Anna Schachner vom Forschungsinstitut Queraum in Wien vorgetragen.
Frau Mandl zeigt auf, was Gewalt begünstigt und was Gewalt verstärken kann. Vor allem Frauen mit Behinderungen sind verstärkt Gewalt ausgesetzt und hier noch einmal verstärkt von sexueller Gewalt. Männer hingegen sind eher von körperlicher Gewalt und hier auch oft von schweren Formen körperlicher Gewalt betroffen.
Frau Schachner berichtet über Risiko- und Schutzfaktoren aus dem Blickwinkel von Menschen mit Behinderungen und welche Maßnahmen auf struktureller Ebene gesetzt werden können, um Schutzprävention von Gewalt zu ermöglichen. Wichtig ist, dass Menschen in Einrichtungen mehrere Kontaktpersonen und ein gut funktionierendes soziales Umfeld haben.
Am Nachmittag wurde über Erfahrungen aus der Praxis im Rahmen von Peer-Beratung und Gewaltschutz-Beratung für Frauen mit Behinderungen gesprochen. Vortragende waren Mag.a Lisa Udl vom Verein Ninlil und Frau Mag.a Isabel Naronnig, sie ist Projektleiterin des Projekts Zeitlupe.
Der Verein Ninlil hat zwei Arbeitsbereiche, einerseits Kraftwerk, ein Verein gegen sexuelle Gewalt an Frauen und Zeitlupe eine Peer-Beratungsstelle von Frauen mit Behinderungen für Frauen mit Behinderungen in Wien. Es werden einige Beispiele aus der Praxis dargelegt. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass der beste Schutz gegen Gewalt ist, dass Frauen über ihre Bedürfnisse und Rechte Bescheid wissen. Das Leben außerhalb einer Institution mit persönlicher Assistenz für alle, also auch für Menschen mit Lernschwierigkeiten und psychischen Beeinträchtigungen, ist das beste Instrument gegen Gewalt.
Den Abschluss bildete Gabriele Plattner, Geschäftsführerin des Tiroler Frauenhauses. Sie betonte die Wichtigkeit von barrierefreien Opferschutzeinrichtungen, wie es das Frauenhaus in Tirol ist. Die Barrierefreiheit erstreckt sich nicht nur auf bauliche, sondern auf eine umfassende Barrierefreiheit, dazu zählt Informationsmaterial in Leichter Sprache, in Gebärdensprache oder in Braille Schrift. Das umfassend barrierefreie Frauenhaus wurde neu gebaut und war im September 2019 bezugsfertig.
Im Schlusswort führte die Landesrätin Gabriele Fischer aus, dass der Tiroler Aktionsplan erstellt wird, in dem Gewaltschutzmaßnahmen für Menschen mit Behinderungen eine große Rolle spielen werden.