Am 17. Mai 2023 beschloss der Ministerrat das Barrierefreiheitsgesetz im Sinne des Antrages des Sozialministeriums. Das Bundesgesetz über Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen (Barrierefreiheitsgesetz– BaFG) tritt mit 28. Juni 2025 in Kraft.
Das Barrierefreiheitsgesetz dient der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/882 vom 17. April 2019 über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen – bekannt als „European Accessibility Act“.
Produkte und Dienstleistungen, die unter das Barrierefreiheitsgesetz fallen, sind barrierefrei anzubieten – mit Ausnahmen für Kleinstunternehmen und Fälle, in denen diese Anforderungen eine grundlegende Produktänderung oder unverhältnismäßige Belastung bedeuten würden. Eine Marktüberwachung durch das Sozialministeriumservice wird zur Kontrolle der Einhaltung durchgeführt.
Einhaltung EU-weiter Barrierefreiheitsstandards
Für die ausdrücklich im Barrierefreiheitsgesetz angeführten Produkte und Dienstleistungen sollen nach einem EU-weiten, einheitlichen Standard verpflichtende Barrierefreiheitsanforderungen festgelegt werden. Das neue Barrierefreiheitsgesetz wird Hersteller, Importeure und Händler von Produkten sowie Dienstleistungserbringer zur Einhaltung dieses EU-weiten Barrierefreiheitsstandards verpflichten. Ziel des Gesetzesvorhabens ist es, damit zur Harmonisierung des EU-Binnenmarktes beizutragen.
Eine ganze Reihe von Produkten und Dienstleistungen mit Digitalisierungsbezug müssen künftig durchgängig barrierefrei sein, damit sie im EU-Binnenmarkt bereitgestellt werden dürfen und Produkte eine CE-Kennzeichnung erhalten.
Zu diesen Produkten und Dienstleistungen zählen insbesondere
- PCs, Notebooks, Tablets, Smartphones, Smart-TVs, TV-Sticks, Spielkonsolen, EBooks
- Zahlungsterminals, Geldautomaten, Fahrkartenautomaten, Check-in-Automaten
- bestimmte Dienste im Personenverkehr (z.B. Webseiten, Apps, elektronische Tickets und Ticketdienste, Reiseinformationen)
- Bankdienstleistungen
- E-Commerce-Dienste (Online-Shops)
- Elektronische Kommunikationsdienste wie Sprach- und Videotelefonie sowie Online-Messengerdienste
- Apps und Webseiten für den Zugang zu audiovisuellen Mediendiensten
Verpflichtende Barrierefreiheitsanforderungen für umfasste Produkte und Dienstleistungen tragen zur Harmonisierung des Binnenmarktes bei. Insbesondere Menschen mit Behinderungen wird dadurch auch die volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe in der Gesellschaft und eine selbstbestimmte Lebensführung durch die Verbesserung des Zugangs zu zeitgemäßen Produkten und Dienstleistungen erleichtert.
Gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft
Das Barrierefreiheitsgesetz stärkt in vielen Bereichen für Menschen mit Behinderungen die gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft. Insbesondere Menschen mit Sehbehinderungen oder Hörbehinderungen, aber auch Menschen mit Lernschwierigkeiten werden von der barrierefreien Informations- und Kommunikationstechnologie besonders profitieren. Zudem ist zu erwarten, dass durch die EU-weite Harmonisierung der Barrierefreiheitsanforderungen mehr Wettbewerb unter den Anbietern entsteht, Nachfrage und Angebot steigen und barrierefreie Produkte und Dienstleistungen kostengünstiger zur Verfügung stehen werden.
Ausnahmen für Kleinstunternehmen
Kleinstunternehmen, die Dienstleistungen anbieten, werden vom Anwendungsbereich des Gesetzes gänzlich ausgenommen. Für Kleinstunternehmen, die mit Produkten befasst sind, sind Erleichterungen vorgesehen, sodass auch sie keinen unzumutbaren Verwaltungsaufwand durch das Barrierefreiheitsgesetz befürchten müssen. Nach den Regelungen im neuen Barrierefreiheitsgesetz obliegt es den betroffenen Unternehmen, ein Konformitätsbewertungsverfahren durchzuführen und auf Basis der technischen Dokumentation zu bewerten, ob und wie die Barrierefreiheitsanforderungen erfüllt werden. Allenfalls führen die Unternehmen anhand der im Gesetz vorgesehenen Kriterien auch eine Beurteilung durch, ob und inwieweit die Einhaltung einzelner Anforderungen eine unverhältnismäßige Belastung für sie darstellen würde.
Zentrale Marktüberwachung durch das Sozialministeriumservice
Die Produkte und Dienstleistungen sollen einer zentralen Marktüberwachung durch das Sozialministeriumservice als zuständige Behörde unterliegen. Daher sind auch Anpassungen im Sozialministeriumservicegesetz vorgesehen.
Verbraucher*innen, der Verein für Konsumenteninformation, der Österreichische Behindertenrat, die Bundesarbeitskammer und die Wirtschaftskammer Österreich sollen sich an die Marktüberwachungsbehörde wenden und auf nicht barrierefreie Produkte oder Dienstleistungen hinweisen können. Die Marktüberwachungsbehörde soll dann prüfen, ob alle Barrierefreiheitsanforderungen eingehalten wurden und im Bedarfsfall notwendige Schritte veranlassen, wie Aufforderungen an Unternehmen, bescheidmäßige Anordnungen und allenfalls Verwaltungsstrafen.
Service-Links
Stellungnahme des Österreichischen Behindertenrats zum Entwurf des Barrierefreiheitsgesetzes – BaFG