In der Sitzung des Sozialausschusses im Nationalrat wurden am 11. Oktober 2023 sämtliche Initiativen, die auf eine Verbesserung der Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen abzielen, vertagt.
Ein seitens von FPÖ-Behindertensprecher Christian Ragger eingebrachter Entschließungsantrag für die Einrichtung eines Inklusionsfonds für Menschen mit Behinderungen nach Vorbild des Pflegefonds (siehe Vorschlag Österreichischer Behindertenrat vom 18. September 2023) sieht einen mit mindestens 500 Mio. EUR dotierten Fonds vor, der vor allem Leistungen der persönlichen Assistenz im Bereich Schule und Beruf abdeckt, wobei die Mittel unbürokratisch direkt an Betroffene ausgezahlt werden sollen. Ragger verwies angesichts der hohen Benzin- und Dieselpreise auf die Gewährung von Kilometergeld für Personen, die Kinder oder Menschen mit Behinderungen zu einer Therapieeinrichtung fahren. Ragger möchte darüber hinaus bewirken, dass Menschen mit Behinderungen österreichweit ermäßigte Fahrkarten und andere ermäßigte Verkehrsdienstleistungen in Anspruch nehmen können, wenn der Grad ihrer Behinderung bei mindestens 50 Prozent liegt.
Gemeinsam fordern die drei Oppositionsparteien eine Ausweitung der Befugnisse des Behindertenanwalts bzw. der Behindertenanwältin, um nach wie vor bestehende Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen in der Arbeitswelt und beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen effizienter entgegentreten zu können. Durch Regionalbüros mit Regionalanwält*innen soll der Zugang zu Beratungs- und Unterstützungsleistungen erleichtert werden.
Im Rahmen der Debatte kritisierte die NEOS-Behindertensprecherin Fiona Fiedler, dass die Regierung bei der Umsetzung der UN-Behindertenkonvention „nicht in die Gänge kommt“. Die Einrichtung eines Inklusionsfonds sei eine alte Forderung aus dem Jahr 2016, dennoch gebe es keine Fortschritte. Auch die Einrichtung von Regionalstellen der Behindertenanwaltschaft stehe seit langem in Diskussion und werde auch von Behindertenanwältin Christine Steger mit Nachdruck gefordert. Es sei offenbar keine Priorität der Bundesregierung, dass die genannten Punkte und weitere notwendige Maßnahmen in Umsetzung kommen, hielt auch die SPÖ-Behindertensprecherin Verena Nussbaum fest. Sie hält es an der Zeit, dass Menschen mit Behinderung „vom Bittstellertum wegkommen“ und ohne Barrieren am Leben teilnehmen könnten.
Bedrana Ribo, die derzeit die Agenden der Grünen Behindertensprecherin Heike Grebien übernimmt, wies darauf hin, dass der Inklusionsfonds, den auch sie begrüßen würde, Thema bei den Finanzausgleichsverhandlungen gewesen sei. Offenbar sei diesem von Länderseite aber keine Priorität beigemessen worden, auch von den zuständigen SPÖ- und FPÖ-Landesrät*innen sei „nicht viel Unterstützung da gewesen“. In Bezug auf die Stärkung der Behindertenanwaltschaft laufen laut Ribo Gespräche, wobei sie nicht sagen könne, wie lange diese noch dauern werden.
Alle vier Initiativen wurden vertagt.
Über die Einrichtung eines Inklusionsfonds könne man diskutieren, sie verstehe die Begründung des FPÖ-Antrags aber nicht, meinte sie. Schließlich funktioniere die Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz gut. Transporte zu Krankenbehandlungen könne man über Rettungsordnungsorganisationen in Anspruch nehmen bzw. erhalte das halbe amtliche Kilometergeld, wenn man privat anreise. Bei Verkehrsdienstleistern handle es sich um private Vertragspartner, auf die der Bund keinen Einfluss habe. Bei der Ausweitung der Befugnisse der Behindertenanwaltschaft sieht Grünberg datenschutzrechtliche Probleme, die man genauer prüfen müsse.
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Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Soziales, Mittwoch, 11. Oktober 2023, 11 Uhr