Stellungnahme des Österreichischen Behindertenrats zum Entwurf eines Bundesgesetzes über das Institute of Digital Sciences Austria
Allgemeines
Grundsätzlich wird begrüßt, dass sich das neu einzurichtende Institute of Digital Sciences Austria (im Folgenden Universität) laut Gesetzesentwurf international anerkannten Standards universitären Handelns, insbesondere der Diversität und Inklusion verpflichtet (vgl. § 3 Abs. 1), und die „besondere Berücksichtigung der Erfordernisse von Menschen mit Behinderungen“ (§ 3 Abs. 2 Z. 13) zu seinen leitenden Grundsätzen zählt. Jedoch sind die nachfolgenden Anmerkungen zum Gesetzesentwurf zu berücksichtigen, um die volle und wirksame Teilhabe von sowohl Studierenden als auch Mitarbeiter*innen mit Behinderungen am Universitätsbetrieb gewährleisten zu können.
Zu den einzelnen Regelungen
Zu § 3 Abs. 2 Z. 13
Wie bereits erwähnt ist es grundsätzlich zu begrüßen, dass die „besondere Berücksichtigung der Erfordernisse von Menschen mit Behinderungen“ (§ 3 Abs. 2 Z. 13) einen leitenden Grundsatz der neuen Universität darstellen soll. Im Sinne der UN- Behindertenrechtskonvention handelt es sich bei Nichtdiskriminierung, Chancengleichheit und Barrierefreiheit jedoch nicht um Erfordernisse, sondern um Menschenrechte.
Deshalb empfiehlt der Österreichische Behindertenrat, dass § 3 Abs. 2 Z. 13 durch folgendes ersetzt wird:
„Barrierefreiheit, Nichtdiskriminierung und Chancengleichheit für Menschen mit Behinderungen;“
Zu § 3 Abs. 3
Entsprechend des Grundsatzes der Frauenförderung sowie der Gleichstellung der Geschlechter (vgl. § 3 Abs. 2 Z. 11) ist im Entwurf festgelegt, dass auf alle Angehörigen der Universität und Bewerber*innen um ein Arbeitsverhältnis oder um Aufnahme als Studierende das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz angewendet wird.
Auch ist ein weisungsfreies, mit entsprechenden Befugnissen ausgestattetes Organ in der Satzung vorzusehen. Analog hierzu sollte auch explizit auf die Bundesgesetze, in denen der Diskriminierungsschutz von Menschen mit Behinderungen verankert ist, im Gesetzesentwurf referenziert, sowie zusätzlich ein entsprechendes Organ in der Satzung vorgesehen werden. Nur so lassen sich Barrierefreiheit, Nichtdiskriminierung und Chancengleichheit von Menschen mit Behinderungen im Universitätsalltag auch tatsächlich gewährleisten und schützen.
Deshalb empfiehlt der Österreichische Behindertenrat § 3 Abs. durch folgenden Abs. 4 zu ergänzen:
„(4) Die Universität bekennt sich zum Grundsatz der Barrierefreiheit, Nichtdiskriminierung und Chancengleichheit für Menschen mit Behinderungen. Auf alle Angehörigen der Universität sowie auf die Bewerberinnen und Bewerber um Aufnahme in ein Arbeitsverhältnis zur Universität oder um Aufnahme als Studierende sind das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz – BGStG, BGBl. I Nr. 82/2005, idgF, sowie das Behinderteneinstellungsgesetz – BEinstG, BGBl. Nr. 22/1970, idgF anzuwenden. Zur Gewährleistung der Barrierefreiheit, Nichtdiskriminierung undChancengleichheit für Menschen mit Behinderungen ist ein weisungsfreies, mit
entsprechenden Befugnissen ausgestattetes Organ in der Satzung vorzusehen
und zusätzlich in § 3 die Zahl Abs. „(4)“ durch „(5)“, „(5)“ durch „(6)“ und „(6)“ durch „(7)“ zu ersetzen.
Zu § 9 Abs. 1 und § 10 Abs. 1 Z. 2
Für die neuzugründende Universität ist eine Satzung mit universitätsinternen Regelungen vorgesehen. Diese soll laut Gesetzesentwurf – entsprechend der in § 3 Abs. 2 festgehaltenen leitenden Grundsätze – einen Frauenförderungsplan und einen Gleichstellungsplan enthalten. Einen Plan zur Umsetzung des Grundsatzes der „besondere[n] Berücksichtigung der Erfordernisse von Menschen mit Behinderungen“ (§ 3 Abs. 2 Z. 13) sieht der Gesetzesentwurf in der aktuellen Fassung jedoch nicht vor. Um diesen Grundsatz, bzw. vielmehr jenen von Barrierefreiheit, Nichtdiskriminierung und Chancengleichheit für Menschen mit Behinderungen (siehe oben) mit Leben füllen und das Handeln der Universität nach Innen und Außen dementsprechend gestalten zu können, ist ein solcher Plan unbedingt notwendig.
Deshalb empfiehlt der Österreichische Behindertenrat, dass § 9 Abs. 1 durch folgendes in fett
„… […] eine Satzung, welche insbesondere den Organisationsplan, die Prüfungsordnung, die Wahlordnung für die Universitätsversammlung sowie den Frauenförderungsplan und den Gleichstellungsplan sowie den Plan zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen enthält… […]“
und § 10 Abs. 1 Z. 2 durch folgendes in fett
„2. Genehmigung der Satzung, welche insbesondere den Organisationsplan, die Prüfungsordnung, Verfahren zur Berufung und Festlegung von Karrieremodellen für das akademische Personal sowie den Frauenförderungsplan und den Gleichstellungsplan sowie den Plan zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen enthält […]“
ergänzt wird.
Zu § 11 Abs. 1
Laut Gesetzesentwurf ist bei den Mitgliedern der Universitätsversammlung auf eine geschlechtergerechte Repräsentanz zu achten. Den leitenden Grundsätzen der Universität folgend sollte auch – soweit möglich – auf die Repräsentanz von Menschen mit Behinderungen geachtet werden. Dem Grundprinzip der Partizipation von Menschen mit Behinderungen der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) folgend, sind Menschen mit Behinderungen in sie betreffende Prozesse aktiv einzubeziehen.1
Deshalb empfiehlt der Österreichische Behindertenrat, dass § 9 Abs. 1 durch folgendes in fett ergänzt wird:
„(1) Der Universitätsversammlung gehören 21 Mitglieder an. Von diesen gehören 12 Mitglieder dem wissenschaftlichen und künstlerischen Stammpersonal der Universität gemäß § 22 Abs. 2 Z 1 und fünf Mitglieder dem Personal gemäß § 22 Abs. 2 Z 3 an. Vier Mitglieder der Universitätsversammlung setzen sich aus Vertreterinnen oder Vertretern der Studierenden gemäß § 32 Abs. 1 HSG 2014 zusammen. Auf eine geschlechtergerechte Repräsentanz sowie die Repräsentanz von Menschen mit Behinderungen ist zu achten.“
Zu § 24 Abs. 1 Z. 3
Hier ist festgelegt, dass Studierende mit Behinderungen das Recht auf eine abweichende Prüfungsmethode haben, wenn die Ablegung der Prüfung in der vorgeschriebenen Methode nicht möglich ist. Um eine gleichberechtigte und chancengleiche Ablegung der Prüfung für Studierende mit Behinderungen zu ermöglichen muss gewährleistet sein, dass die abweichende Prüfungsmethode – im Sinne einer angemessenen Vorkehrung2 – individuell an die Bedarfe der entsprechenden Student*in angepasst werden.
Deshalb empfiehlt der Österreichische Behindertenrat § 24 Abs. 1 Z. 3 durch folgenden Satz zu ergänzen:
„Hierbei ist sicherzustellen, dass die abweichende Prüfungsmethode an die individuellen Bedarfe angepasst ist.“
Mit besten Grüßen
Für Präsident Klaus Widl
Felix Steigmann BA MA
1 Vgl. UN-Behindertenrechtskonvention (2008/2016), Art. 4 Abs. 3.
https://broschuerenservice.sozialministerium.at/Home/Download?publicationId=19 Letzter Zugriff: 20.12.2023.
2 Vgl. ebd., Art. 2.
Stellungnahme zum Entwurf eines Bundesgesetzes über das Institute of Digital Sciences Austria (PDF)