Beschäftigungssituation von Menschen mit Behinderungen im öffentlichen Dienst
Die Anzahl der Bediensteten im Bundesdienst mit einem Grad der Behinderung von zumindest 50 Prozent ging laut Daten des Bundesministeriums für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport im Zeitraum von 1. April 2007 bis 2023 um beinahe neun Prozent zurück. So waren 4.180 begünstigt Behinderte mit einem Grad der Behinderung von 50 Prozent und mehr im Jahr 2007 im öffentlichen Dienst tätig, während diese Zahl am 1. Oktober 2023 auf 3.805 Personen sank. Dem Vortrag an den Ministerrat vom 31. Jänner 2024 zufolge ist der Rückgang begünstigt behinderter Bundesdienstmitarbeiter*innen sowohl auf den demografischen Wandel und die damit einhergehenden Pensionierungen als auch die Nichterfüllung von Einstellungszielen in personalintensiven Bereichen, etwa dem Bildungs- und dem Innenministerium, zurückzuführen.
Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen im Bund zu forcieren und zu fördern. Dazu wurde mit dem Ministerratsvortrag vom 1. Oktober 2021 ein Maßnahmenpaket beschlossen, das gerade auch hinsichtlich der demografischen Entwicklung gewährleisten soll, dass der Bund seine Einstellungspflicht gemäß Behinderteneinstellungsgesetz weiterhin erfüllt. In seinem Vortrag an den Ministerrat berichtete Vizekanzler Werner Kogler am 31. Jänner 2024 über die Entwicklung der Anzahl begünstigt Behinderter, d.h. Menschen mit einem Grad der Behinderung von 50 Prozent und mehr, im Bund.
„Der Bundesdienst soll ein Vorbild für die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen sein, doch die Realität sieht anders aus. In den letzten vier Jahren ist ein besorgniserregender Rückgang zu verzeichnen.“
Martin Ladstätter, Vizepräsident Österreichischer Behindertenrat
Seit dem ersten Ministerratsvortrag zur Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen im Bundesdienst ist die Anzahl begünstigt behinderter Bundesdienstmitarbeiter*innen von 4.180 (Stichtag 1. April 2007) um 375 auf 3.805 (Stichtag 1. Oktober 2023) gesunken (- 8,97 Prozent). Diese Tendenz ist dem Ministerratsvortrag vom Jänner 2024 zufolge auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Zum einen mache sich der demografische Wandel durch vermehrte Pensionierungsabgänge bemerkbar, zum anderen spiele die unterschiedlich gelagerte Zielerreichung der Ressorts hier eine Rolle. Zielunterschreitungen in personalintensiven Bereichen wie dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung sowie dem Bundesministerium für Inneres könnten in anderen Bereichen der Bundesverwaltung bzw. von anderen Ressorts nur teilweise kompensiert werden. Zwar sei zu berücksichtigen, dass die spezifischen Aufgabenstellungen im Bildungs- sowie im Sicherheitsbereich einen Beitrag zur gesamten Zielerreichung im Vergleich mit anderen Verwaltungsbereichen erschweren. Nichtsdestotrotz sollen dem Ministerratsvortrag zufolge im Sinne eines vorausschauenden analytischen Berichtswesens dahingehende Entwicklungen transparent aufgezeigt werden, um rechtzeitig Gegensteuerungsmaßnahmen ergreifen zu können.
In diesem Sinne sei mit Jahresbeginn 2022 in Umsetzung des Maßnahmenpakets der für die erleichterte Anstellung notwendige Grad der Behinderung von 70 Prozent auf 60 Prozent herabgesetzt worden. „Diese Maßnahme soll unterstützend wirken, um die Anzahl der Beschäftigten mit Behinderungen im öffentlichen Dienst wieder zu erhöhen. Das Kompetenzcenter Inklusion im Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport ist mit der Umsetzung weiterer Maßnahmen befasst und steht den Ressorts unterstützend zur Verfügung. Darüber hinaus sind die Ressorts aufgerufen, bewährte Initiativen weiterhin zu verfolgen und sich verstärkt der Aufnahme von Menschen mit Behinderungen in ihren Wirkungsbereichen zu widmen“, ist im Ministerratsvortrag zu lesen.
Rutsch von 4.211 begünstigten Behinderten im Jahr 2020 auf 3.805 im Herbst 2023
Für 2022 wurden 4.000 beschäftigte Menschen mit Behinderungen angestrebt, der Istzustand lag mit 3.905 darunter. Als Grund wird vom Ressort der demografische Wandel angeführt, der auch bei dieser Gruppe zu vermehrten Pensionierungen führte. Es wird im Bundesvoranschlag 2024 (Seite 44) weiterhin ein Zielwert von 4.000 Personen angestrebt.
Sieht man sich die Zahlen genauer an, ist eine erschreckende Tendenz erkennbar: „Anhand der Ministerratsvorlagen der letzten Jahre plus dem Text zum Budget 2024 sieht man sehr gut, dass es diesen Rückgang fast zur Gänze von 2020 bis Herbst 2023 gab: Von 2020 (4.211) auf Herbst 2023 (3.805). Wenn man diesen rund 10 %-igen Rückgang in den letzten paar Jahren sieht, ist das enorm. Im Budget ist für die Folgejahre immer eine Zahl von 4.000 angestrebt“, so Martin Ladstätter, Vizepräsident des Österreichischen Behindertenrats. „Sieht man die Detailzahlen an, werden es jährlich um rund 100 Personen WENIGER – und wir sind bei rund 3.800. Das Ziel 4.000 ist daher ziemlich unrealistisch, wenn nicht DEUTLICH gegengesteuert wird“, warnt Ladstätter.
Ressort | Anzahl Menschen mit Behinderungen gesamt | Anzahl Menschen mit Grad der Behinderungen ≥ 60 % |
Präsidentschaftskanzlei | 2 | 1 |
Bundesgesetzgebung | 11 | 6 |
Verfassungsgerichtshof | 3 | 2 |
Verwaltungsgerichtshof | 3 | 1 |
Volksanwaltschaft | 5 | 3 |
Rechnungshof | 9 | 2 |
Bundeskanzleramt | 47 | 29 |
BM für Inneres | 563 | 188 |
BM für europäische und internationale Angelegenheiten |
28 | 19 |
BM für Justiz | 388 | 181 |
BM für Landesverteidigung | 740 | 371 |
BM für Finanzen | 708 | 305 |
BM für Kunst, Kultur, Öffentlichen Dienst und Sport | 25 | 15 |
BM für Arbeit und Wirtschaft | 179 | 84 |
BM für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz | 205 | 128 |
BM für Bildung, Wissenschaft und Forschung | 738 | 460 |
BM für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie | 35 | 19 |
BM für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft | 116 | 64 |
Summe | 3.805 | 1.878 |
Service-Links
Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport
Budgetdienst Parlament: Bundesvoranschlag 2024
BIZEPS: Deutlicher Rückgang der Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen im Bundesdienst