Großer Fortschritt für Menschen mit Behinderungen in der EU
Wie das European Disability Forum (EDF) heute bekannt gab, kam es am 8.2.2024 zwischen den EU-Institutionen zu einer vorläufigen Einigung über den Gesetzestext bezüglich des Europäischen Behindertenausweises. Damit ist garantiert, dass bis zum Ende der Legislaturperiode auf Ebene der Europäischen Union über die finale Rechtsvorschrift abgestimmt werden kann.
Der Europäische Behindertenausweis ist ein einheitlicher Ausweis, welcher Menschen mit Behinderungen die Teilnahme an verschiedenen Dienstleistungen und Programmen innerhalb der Europäischen Union erleichtern und damit die Freizügigkeit für Menschen mit Behinderungen verbessern soll.
Positiv an der heute erzielten vorläufigen Einigung ist hervorzuheben, dass grundsätzlich die Nutzung von Transportdienstleistungen sowie Bestimmungen für die Unterstützung bei der Teilnahme an EU-Mobilitätsprogrammen miteinbezogen wurden. Der Europäische Behindertenpass soll künftig außerdem kostenlos ausgestellt sowie erneuert werden und die Mitgliedsstaaten können selbst entscheiden, ob der Europäische Behindertenpass auch für längere Aufenthalte genutzt werden kann.
Trotz dieses positiven Fortschritts wurden einige Forderungen nicht berücksichtigt, zum Beispiel der Appell nach kürzeren Fristen, um die geplante Richtlinie schlussendlich in das jeweilige nationale Recht jedes Mitgliedsstaates umzuwandeln und entsprechende Gesetze zu erlassen. Außerdem wurde der geforderte vorübergehende Zugang zu Unterstützung und Beihilfen für Menschen mit Behinderungen, die dauerhaft im Ausland arbeiten oder studieren wollen nicht berücksichtigt.
Die Verhandlungsführer*innen haben jedoch erreicht, dass die verbleibende Lücke im Zusammenhang mit der Mobilität von Menschen mit Behinderungen, die dauerhaft in einen anderen Mitgliedsstaat ziehen möchten, weiter untersucht werden muss. Konkret gefordert wird die Übertragbarkeit behinderungsbedingter Unterstützung bei einem Umzug in ein anderes EU-Land.
Neben dem Europäischen Behindertenausweis wurde überdies der geplante Europäische Parkausweis durch verschiedene Maßnahmen verbessert. Der Entwurf sieht nun einen klaren Zeitrahmen vor, wie lange die entsprechenden Behörden brauchen dürfen, um den Europäischen Parkausweis auszustellen, wodurch lange Wartezeiten vermieden werden sollen. Des Weiteren ist nun die Aufnahme von Braille-Schrift auf der physischen Karte vorgesehen.
Der endgültige Text muss nun noch vom Rat der Europäischen Union und dem Europäischen Parlament genehmigt und anschließend im Amtsblatt der Europäischen Union kundgemacht werden. Danach beginnt die Frist für jeden Mitgliedsstaat, die Richtlinie in nationales Recht umzuwandeln.
Sollte es zu keinen Änderungen bei dem derzeitigen Entwurf kommen, haben Mitgliedsstaaten 30 Monate Zeit, um die Richtlinie in nationales Recht umzuwandeln und danach weitere 42 Monate, um tatsächlich den Europäischen Behindertenausweis bereitzustellen. In der Praxis bedeutet dies, dass der Europäische Behindertenausweis wohl erst in mehr als vier Jahren Realität sein wird.
Yannis Vardakastanis, Präsident des EDF, erklärt, dass die heute vorläufig erzielte Einigung ein bedeutender Sieg ist.
Zusatzinformationen
Zu den wichtigsten Verbesserungen der endgültigen Vereinbarung im Vergleich zum ursprünglichen Vorschlag der Europäischen Kommission zählen:
- Aufnahme von Bestimmungen über den Zugang zu Unterstützung bei der Teilnahme an EU-Mobilitätsprogrammen.
- Der Europäische Behindertenausweis wird kostenlos ausgestellt und erneuert.
- Eine Website auf EU-Ebene und nationale Websites mit Informationen über den Ausweis
- Die Mitgliedstaaten können beschließen, die Verwendung des Ausweises auf längere Aufenthalte auszudehnen.
- Verpflichtung, die verbleibenden Lücken in der Freizügigkeit von Menschen mit Behinderungen weiter zu bewerten, beispielsweise die Übertragbarkeit von behinderungsbedingter Unterstützung beim Umzug in ein anderes EU-Land
Der wichtigste Rückschritt gegenüber dem Vorschlag sind die zusätzlichen Ausnahmen zum Geltungsbereich.
Service-Links
Europäische Kommission – Bericht über öffentliche Konsultationen
von Victoria Biber und Andrea Strohriegl, Quelle: Aussendung European Disability Forum