Stellungnahme des Österreichischen Behindertenrats zum Entwurf eines Gesetzes, mit dem das Salzburger Pflegegesetz und das Salzburger Sozialhilfegesetz geändert werden
Der Österreichische Behindertenrat ist die Interessenvertretung der 1,4 Mio. Menschen mit Behinderungen in Österreich. In ihm sind über 80 Mitgliedsorganisationen organisiert. Auf Grund der Vielfalt der Mitgliedsorganisationen verfügt der Österreichische Behindertenrat über eine einzigartige Expertise zu allen Fragen, welche Menschen mit Behinderungen betreffen.
Der Österreichische Behindertenrat dankt dem Land Salzburg für die Gelegenheit zur Abgabe einer Stellungnahme und erlaubt sich diese wie folgt auszuführen:
Allgemeines
Der Österreichische Behindertenrat begrüßt, dass mit dem Gesetzesentwurf nicht mehr nur die Dokumentation rein pflegerischer Maßnahmen von den Trägern der Pflegeeinrichtungen sicherzustellen ist, sondern auch die Dokumentation anderer Leistungen. Dadurch kann u.a. die Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Pflege- und Behandlungsabläufen sowie des Alltags der Kund*innen von Pflegeeinrichtungen erhöht werden.
Jedoch sind aus Sicht des Österreichischen Behindertenrats u.a. noch folgende Anmerkungen in Hinblick auf den Datenschutz und die Barrierefreiheit der Dokumentation zu berücksichtigen.
Zu den einzelnen Regelungen
Zu § 6 Sbg. PG
Hier sind die Regelungen zur Auskunftspflicht bzw. zur Einsicht in die Dokumentation nach § 4 Abs. 1 festgelegt. Neben der bloßen Auskunft über die in der Dokumentation festgehaltenen Maßnahmen, Leistungen und Abläufe bzw. der bloßen Einsicht in die Dokumentation ist der Kund*in gemäß Art. 12 Abs. 5 Satz 1 DSGVO bzw. Art. 15 Abs. 3 Satz 2 DSGVO auch eine Abschrift der Dokumentation zur Verfügung zu stellen, wobei die erste Abschrift kostenfrei ist.
Eine Auskunftspflicht bzw. eine Einsicht ist nur dann sinnhaft und zielführend, wenn diese auf eine barrierefreie, sprich für die jeweilige Kund*in verständliche Art und Weise erfolgt.
Deshalb fordert der Österreichische Behindertenrat, dass § 6 Abs. 1 durch folgendes in fett ergänzt wird:
„Den Kunden, ihren gesetzlichen Vertretern und Personen, die von den Kunden als auskunftsberechtigt genannt wurden, sind alle Auskünfte über die sie betreffenden Pflegemaßnahmen zu erteilen und Einsicht in die Pflegedokumentation zu gewähren. Auskunft und Einsicht haben in einer für den Kunden verständlichen Art und Weise zu erfolgen. Auf Verlangen ist dem Kunden die Herstellung von Kopien zu ermöglichen, wobei die erste Kopie kostenfrei ist.“
Zu § 43 Abs. 1 Sbg. SHG
An dieser Stelle regelt der Entwurf die Verpflichtung der Sozialhilfeempfänger*in zum Ersatz der Kosten der Hilfeleistung. Diese trifft dann zu, wenn „nachträglich bekannt wird, dass [die Sozialhilfeempfänger*in] […] zur Zeit der Hilfeleistung hinreichendes Einkommen hatte, auch wenn [die Sozialhilfeempfänger*in] […] über dieses zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Kostenersatz nicht mehr verfügt.“ (§ 43 Abs. 1 des Entwurfs). Eine solche nachträgliche Ersatzzahlung kann jedoch eine existenzbedrohende Wirkung haben.
Um Sozialhilfeempfänger*innen, die bereits ein erhöhtes Armutsrisiko haben gegen eine akute Existenzbedrohung abzusichern, sollte eine Nachzahlung nur insoweit stattfinden, als dass die Deckung des Lebensunterhaltes der Sozialhilfeempfänger*in nicht gefährdet wird.
Deshalb fordert der Österreichische Behindertenrat, dass § 43 Abs. 1 durch folgendes in fett ergänzt wird:
„(1) Der Sozialhilfeempfänger ist zum Ersatz der für ihn aufgewendeten Kosten verpflichtet, wenn nachträglich bekannt wird, dass er zur Zeit der Hilfeleistung hinreichendes Einkommen hatte, auch wenn er über dieses zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Kostenersatz nicht mehr verfügt. Die Bemessung des Kostenersatzes hat auf Basis der Sachlage im relevanten Bedarfsabschnitt nach Kalendermonaten, jedoch unter Berücksichtigung des zur Zeit der Hilfeleistung zur Verfügung stehenden Einkommens zu erfolgen. Ein entsprechender Kostenersatz darf dabei nur verlangt werden, wenn das nachträglich hervorgekommene Einkommen einem Zeitraum zugerechnet werden kann, in dem Sozialhilfe gewährt wurde. Der Ersatz darf insoweit nicht verlangt werden, als dadurch der Erfolg der Hilfeleistung, sowie die Deckung des Lebensunterhaltes gefährdet würde.“
Weitere Anregung zum Salzburger Teilhabegesetz
Im Rahmen dieser Novelle möchte der Österreichische Behindertenrat auf eine problematische Bestimmung im Salzburger Teilhabegesetz hinweisen, die es bisher erschwert hat, dass das Land Salzburg mit der Umsetzung und Abrechnung des Pilotprojekts zur Harmonisierung der Persönlichen Assistenz beginnen kann.
§ 19 Abs. 5 Salzburger Teilhabegesetz schreibt nämlich vor, dass das Land dem Bund nur im Einzelfall auf dessen begründetes Ersuchen Daten übermitteln darf. Klar ist, jedoch, dass der Bund als Geldgeber diese Daten braucht, um die Mittelverwendung kontrollieren zu können.
Daher empfiehlt der Österreichische Behindertenrat, dass die Wortfolge „nur im Einzelfall auf deren begründetes Ersuchen“ aus § 19 Abs. 5 gestrichen wird.
Mit besten Grüßen
Für Vize-Präsident Martin Ladstätter MA
Felix Steigmann BA MA