Die Bundesjugendvertretung (BJV) koordiniert seit 2014 im Auftrag der Europäischen Kommission und des Bundeskanzleramts mit dem EU-Jugenddialog in Österreich den verankerten Beteiligungsprozess für junge Menschen auf europäischer Ebene. Die Ergebnisse des EU-Jugenddialogs fließen in die EU-Jugendpolitik ein – üblicherweise in Form von Ratsschlussfolgerungen.
Jugendliche können sich im Rahmen des in Österreich von der Bundesjugendvertretung koordinierten Jugenddialogs bei Workshops, Jugendkonferenzen und Online-Befragungen einbringen. 2023 wurde zudem ein Inklusionsbeirat gegründet. Die bisherigen Themen der Beteiligungsrunden reichten von Beteiligung über Zusammenleben in Europa bis zu Leben im ländlichen Raum. Ein Highlight war die Erarbeitung der Youth Goals im Zeitraum 2017/18, EU-weit mit rund 50.000 Jugendlichen. Diese sind in der EU-Jugendstrategie und der österreichischen Jugendstrategie verankert.
We need YOUth!
Unter dem Motto „We need YOUth!“ widmet sich die 10. Beteiligungsrunde analog zum Youth Goal #3 Inklusive Gesellschaften der Frage, wie junge Menschen in unterschiedliche Bereiche der Gesellschaft eingebunden sind. Die Leitfrage der aktuellen Beteiligungsrunde des EU-Jugenddialogs lautet: Was sind die derzeitigen Hindernisse für die Eingliederung aller jungen Menschen in die Gesellschaft, insbesondere junger Menschen mit geringeren Möglichkeiten?
Ergebnisse der aktuellen Beteiligungsrunde
Die Bundesjugendvertretung führte zwischen September und Dezember 2023 eine Online-Befragung durch, an der 480 Personen im Alter von 14 bis zu 30 Jahren bei einer Umfrage sowie bei einer Umfrage in leichter Sprache aus allen österreichischen Bundesländern teilnahmen. Die Ergebnisse geben ein Stimmungsbild aus Österreich und zeigen Hürden im Alltag von Jugendlichen, die sich auch auf deren Beteiligung auswirken.
Hürden für Beteiligung und Einbindung in gesellschaftliche Bereiche
Es konnten einige Hürden für Beteiligung und Einbindung in gesellschaftliche Bereiche festgestellt werden:
Generell sehen junge Menschen, die an der Online-Befragung im Rahmen des EU-Jugenddialogs teilgenommen haben, Bildungseinrichtungen und Jugendarbeit als positive Orte. Dennoch fühlen sie sich tendenziell in der schulischen Umgebung weniger verstanden als im Umfeld der Jugendarbeit und Jugendorganisationen. Gegenüber Jugendarbeiter*innen gibt es ein stärkeres Vertrauensverhältnis. Das deckt sich mit der BJV-Studie zu Jugendarbeit von 20222, wonach Mitglieder von Jugendorganisationen über mehr Selbstbewusstsein und bessere psychische Gesundheit verfügen und von den sozialen Kontakten profitieren.
Von der Teuerung ist ein Großteil stark betroffen, wobei beschrieben wurde, dass manche sogar aus finanziellen Gründen überlegen müssen, wieder zu ihren Eltern zu ziehen.
Wenn es um Arbeitssuche geht, spielen Diskriminierungserfahrungen eine erhebliche Rolle.
Für junge Menschen mit nicht-deutschem Namen oder sichtbaren religiösen Symbolen wie Kopftuch gibt es hier immer wieder Probleme, aber auch für Personen mit Behinderungen. Sie haben darüber hinaus Schwierigkeiten beim Zugang zu Angeboten der Jugendarbeit, aber auch im Bildungsbereich.
Für die vollständige Einbindung junger Menschen ist Barrierefreiheit wichtig, einerseits über räumliche Voraussetzungen, aber auch bedürfnisgerechte Informationen. Das deckt sich mit den Themen des Inklusionsbeirats, der im Rahmen des EU-Jugenddialogs in der Bundesjugendvertretung etabliert wurde. Dort kam von den Teilnehmer*innen Kritik an mangelndem Zugang zu Wahlen und Wahlinfos.
Beim Zugang zu Gesundheitsversorgung fällt vor allem auf, dass diese grundsätzlich positiv bewertet wird, es mitunter Probleme in ländlichen Regionen gibt, v.a. was chronische Krankheiten oder psychologische Unterstützung betrifft.
Hate Speech ist ein präsentes Problem bei jungen Menschen. Fast die Hälfte der Befragten ist davon betroffen. Die Online-Konsultation zeigt hier für uns großen Handlungsbedarf auf. „Wenn von den Teilnehmer*innen unserer Befragung 85 % sagen, dass sie im Internet Hate Speech beobachten und fast jede*r zweite davon selbst betroffen ist, zeigt das einmal mehr, Medienbildung und Antidiskriminierungsmaßnahmen müssen ausgebaut werden. Und vor allem muss auch bei den großen Internetplattformen angesetzt und diese mehr in die Pflicht genommen werden“, betont Sabir Ansari, Vorsitzender der Bundesjugendvertretung.
Diskriminierung ist für viele junge Menschen Alltag. Es braucht mehr Maßnahmen im Bildungsbereich und am Arbeitsmarkt, um dagegen anzugehen. Diskriminierung aufgrund unterschiedlicher Faktoren führt dazu, dass sich junge Menschen in verschiedenen Settings unwohl fühlen und sich weniger einbringen. Das heißt: Diskriminierungserfahrungen wirken sich negativ auf Beteiligung aus.
Jugendliche haben ein Recht auf Beteiligung. Teilhabe muss auf allen Ebenen ermöglicht werden. Gerade im heurigen Wahljahr ist es wichtig, möglichst viele junge Menschen direkt zu erreichen.
Die Bundesjugendvertretung bietet mit einer Wahlinfobroschüre niederschwellige Informationen und einen Jugendcheck der Parteien an. Genauso wie junge Menschen Teil der Gesellschaft sind, muss Jugendbeteiligung selbstverständlicher Teil der Politik sein. Der EU-Jugenddialog ist dazu ein wichtiges Mittel. Das Motto „We need YOUth“ muss sich auch im Leben junger Menschen zeigen.
Recht auf Beteiligung – insbesondere im Wahljahr
„Junge Menschen haben das Recht auf Beteiligung. Im heurigen Wahljahr muss das Ziel sein, junge Menschen mit verschiedenen Hintergründen zu erreichen und ihnen die Wahlteilnahme zu ermöglichen“, betont Ansari. Die Bundesjugendvertretung bietet dafür Wahlinfos an, die sich direkt an Jung- und Erstwähler*innen richten, dazu zählt auch ein „Jugendcheck“ der Parteien.
Von 5. bis 7. Juni 2024 organisiert die Bundesjugendvertretung in Graz die 5. Österreichische Jugendkonferenz. Dabei werden die Jugenddialog-Ergebnisse auf nationaler Ebene an die Politik weitergetragen und mit Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm und den Landesrät*innen für Jugend und diskutiert. Auf EU-Ebene sind im Mai Ratsschlussfolgerungen dazu geplant.