Der Sozialbericht 2024 wurde am 9. April 2024 im MuseumsQuartier Wien der Öffentlichkeit vorgestellt.
Der am 9. April 2024 im MuseumsQuartier Wien vorgestellte Sozialbericht 2024 des Sozialministeriums informiert im Band 1 über die wichtigsten sozial- und gesundheitspolitischen Aktivitäten des Ressorts. Eines der Kapitel widmet sich dem Thema „Menschen mit Behinderungen“. Der zweite Band enthält sozialpolitische Analysen und Entwürfe von Wissenschaftler*innen für den Sozialstaat der Zukunft. So werden auf Grundlage der aktuellen sozialen Lage bedeutende Fragen diskutiert, etwa, wie der Sozialstaat armutsfest gemacht werden kann.
Auszug aus dem Sozialbericht 2024: EU-Behindertenpolitik
2008 hat Österreich bereits in einem frühen Stadium die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) einschließlich Zusatzprotokoll ratifiziert und damit deutlich signalisiert, dass sich Österreich den Herausforderungen stellt, die sich aufgrund der Verpflichtungen aus dieser Menschenrechtskonvention ergeben. Als Mitgliedstaat der Europäischen Union, in der bis zu 80 Millionen Menschen mit Behinderungen bzw. mit einem lang andauernden Gesundheitsproblem leben, setzt sich Österreich auch auf EU-Ebene durchgehend für die Chancengleichstellung und Gleichberechtigung von Menschen mit Behinderungen ein.
Neben allen anderen Mitgliedstaaten hat auch die Europäische Union die UN-BRK ratifiziert. Um die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der UN-BRK zu unterstützen und die Umsetzung auf EU-Ebene voranzutreiben, hat die Europäische Kommission im März 2021 die Mitteilung „Union der Gleichheit: Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2021 – 2030“ vorgelegt. Diese neue EU-Behindertenrechtsstrategie baut u. a. auf den Ergebnissen der Evaluierung der EU-Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen 2010 – 2020 auf. Ziel ist insbesondere die Umsetzung der UN-BRK auf EU-Ebene. Die EU-Behindertenrechtsstrategie umfasst Maßnahmen der Europäischen Kommission und Aufforderungen an die Mitgliedstaaten. Die Strategie unterstützt und ergänzt die Aktivitäten Österreichs zur Umsetzung der UN-BRK. Die inhaltlichen Schwerpunkte der EU-Strategie decken sich weitgehend mit den Schwerpunktsetzungen des österreichischen NAP Behinderung 2022 – 2030.
Einer der sieben Leitinitiativen dieser Strategie entspricht das im September 2022 vorgelegte Beschäftigungspaket für Menschen mit Behinderungen, in dessen Rahmen im Dezember 2022 auch Schlussfolgerungen zur Inklusion von Menschen mit Behinderungen im Arbeitsmarkt angenommen wurden.
Ein weiterer Rechtssetzungsvorschlag der Europäischen Kommission betrifft die Einführung eines Europäischen Behinderten- und Parkausweises, der in allen Mitgliedstaaten anerkannt werden soll. Außerdem hat die Europäische Kommission in Umsetzung einer weiteren Leitinitiative im Juli 2023 das Europäische Ressourcenzentrum für Barrierefreiheit „AccessibleEU“ ins Leben gerufen.
Die Richtlinie (EU) 2019 / 882 über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen („European Accessibility Act“) wurde in Österreich mit dem Barrierefreiheitsgesetz umgesetzt (BGBl. I. Nr. 76 / 2023), das mit 28. Juni 2025 in Kraft treten wird.
Auszug aus dem Sozialbericht 2024: Kapitel 7 – Menschen mit Behinderungen
7.1 Berufliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen
Berufliche Teilhabe ist ein, wenn nicht das zentrale Element für eine gesamtgesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen und eine inklusive Gesellschaft.
Menschen mit Behinderungen haben im Sinne des Disability Mainstreamings Zugang zu allen Maßnahmen der allgemeinen Arbeitsmarktpolitik sowie zu entsprechender Unterstützung. Aus besonderen Lebenssituationen, dem Lebensalter und -verlauf, besonderen Formen der Beeinträchtigung oder aus dem Zusammentreffen von Behinderungen mit anderen Gründen, die eine Teilhabe möglicherweise erschweren, ergibt sich jedoch ein spezifischer Unterstützungsbedarf am Arbeitsplatz oder bei der Integration in den Arbeitsmarkt. Sowohl im Hinblick auf eine ausgewogene Beschäftigungsquote als auch auf den Abbau von Diskriminierungen, Ungleichheiten und Ausgrenzungen am Arbeitsmarkt ist verstärkt auf die unterschiedlichen Situationen, Bedingungen und Bedürfnisse von Frauen und Männern zu achten. Da die Berufliche Teilhabe von Frauen mit Behinderungen, die am Arbeitsmarkt mehrfach diskriminiert sind, eine besondere Herausforderung darstellt, sollen die Anliegen von Frauen mit Behinderungen im Rahmen eines eigenen Förderschwerpunkts sichtbarer gemacht werden.
Ein wichtiges Instrument stellt der besondere Kündigungsschutz dar, wonach Dienstgeber*innen vor Ausspruch einer Kündigung von begünstigten Behinderten die Zustimmung des Behindertenausschusses beim Sozialministeriumservice einholen müssen. In Österreich gibt es rund 121.600 (mit Stichtag 31. Dezember 2022) sogenannte begünstigte Behinderte (Personen mit bescheidmäßig festgestelltem Grad der Behinderung von mindestens 50 Prozent).
Darüber hinaus wird seitens des BMSGPK eine Vielzahl bedarfsgerechter Unterstützungsmaßnahmen mit strategischer Ausrichtung für Menschen mit Behinderungen zur Verfügung gestellt. Im Regierungsprogramm 2020 – 2024 sind eine Beschäftigungsoffensive für Menschen mit Behinderungen sowie verstärkte Angebote im Schnittstellenbereich zur Schule vorgesehen. Der Nationale Aktionsplan Behinderung (NAP) 2022 – 2030 sieht die Weiterentwicklung zur Förderung der Beruflichen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen vor.
Zur Umsetzung wurde unter Einbeziehung der wesentlichen Stakeholder*innen ein Maßnahmenpaket erarbeitet, das eine Kombination aus neuen unternehmenszentrierten wie auch personenzentrierten Angeboten sowie einen bedarfsgerechten Ausbau bestehender Angebote vorsieht. In schrittweiser Umsetzung dieses Maßnahmenpakets werden die Ausgaben zur Verbesserung der Beruflichen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen von 282,3 Mio. EUR im Jahr 2019 auf 349 Mio. EUR im Jahr 2022 angehoben (inklusive AB18 und inklusive Integrative Betriebe).
Zentrale Säulen der Maßnahmen sind einerseits Projektförderungen (insbesondere die sogenannten NEBA-Angebote) sowie andererseits Individualförderungen und die Integrativen Betriebe.
Die Finanzierung der Maßnahmen erfolgt aus allgemeinen Budgetmitteln, Mitteln des Ausgleichstaxfonds sowie des Europäischen Sozialfonds (ESF). Von den gesamten ESF-Mitteln, die Österreich für den Zeitraum 2021 bis 2027 zur Verfügung gestellt werden, werden insgesamt rund 119 Mio. EUR (dies entspricht einem Mittelanteil von rund 32 Prozent) für Maßnahmen der Beruflichen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen, insbesondere für Jugendliche, die von einer Ausgrenzung vom Arbeitsmarkt bedroht sind beziehungsweise für Jugendliche mit Behinderungen, reserviert.
Diese Maßnahmen verfolgen die Verbesserung der Beruflichen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen, womit einhergehend eine umfassende barrierefreie Teilhabe von Menschen mit Behinderungen ermöglicht werden soll.
7.1.1 Das Sozialministeriumservice als zentrale Anlaufstelle für Menschen mit Behinderungen
Da es sich bei Menschen mit Behinderungen um eine sehr heterogene Personengruppe handelt, wird vom Sozialministeriumservice (SMS) zur Verbesserung und Unterstützung der Beruflichen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen bereits seit Jahren ein breit gefächertes Förderinstrumentarium von unterschiedlichen Projekt- und Individualförderungen oder einer Kombination aus beiden angeboten beziehungsweise die Projekt- und Individualförderungen von diesem abgewickelt. Im Zentrum stehen die Angebote des Netzwerks Berufliche Assistenz (NEBA), die einen durchgängigen Betreuungspfad zur Heranführung an und Integration in den Arbeitsmarkt bilden.
Das SMS übernimmt hierbei die Funktion einer zentralen Vernetzungs- und Koordinierungsstelle im Themenbereich Arbeit und Behinderung. Zahlreiche Akteur*innen stellen für Menschen mit Behinderungen unterschiedliche Angebote zur Verfügung. Die zentrale Aufgabe des SMS ist die Zusammenarbeit mit all diesen Akteur*innen zum Zweck der Koordinierung der diversen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen. Dazu gehören auch der Wissens- und Informationstransfer sowie die Organisation des Erfahrungsaustauschs zum Thema Behinderung und Arbeit.
7.1.2 Projektförderungen
Netzwerk Berufliche Assistenz
Das Netzwerk Berufliche Assistenz (NEBA) mit seinen Angeboten der „Beruflichen Assistenzen“ (Jugendcoaching, AusbildungsFit, Berufsausbildungsassistenz, Arbeitsassistenz, NEBA Betriebsservice und Jobcoaching) bildet die Dachmarke für das sehr differenzierte System zur Unterstützung von Menschen mit Behinderungen und ist Kern der Förderlandschaft sowie ein wichtiger Bestandteil der österreichischen Arbeitsmarktpolitik. Als Querschnittsziel ist die Umsetzung des Gender Mainstreaming bei allen Maßnahmen und Zielgruppen zu nennen.
Die Angebote Jugendcoaching und AusbildungsFit spielen ebenfalls eine zentrale Rolle bei der „Ausbildung bis 18“, da damit auch jene Jugendlichen erreicht werden, die andernfalls das Bildungs- und Ausbildungssystem vorzeitig verlassen würden.
Jugendcoaching
Zielgruppe des Jugendcoachings sind alle Schüler*innen im neunten Schuljahr, sogenannte systemferne Jugendliche unter 19 Jahren sowie Jugendliche bis zum 25. Geburtstag, wenn ein sonderpädagogischer Förderbedarf festgestellt wurde oder eine Behinderung vorliegt, sie eine individuelle Beeinträchtigung oder soziale Benachteiligungen aufweisen oder gefährdet sind, keinen Abschluss der Sekundarstufe I oder II zu erlangen („Early School Leavers“).
Beim Jugendcoaching handelt es sich noch um keine konkrete Ausbildung. Dieses zielt vielmehr darauf ab, Jugendlichen durch Beratung, Begleitung und Case-Management-Perspektiven aufzuzeigen. Gemeinsam mit den Coaches eruieren die Jugendlichen Stärken und Fähigkeiten und erarbeiten darauf aufbauend einen Entwicklungsplan mit dem langfristigen Ziel eines erfolgreichen Übertritts ins zukünftige Berufsleben.
AusbildungsFit
AusbildungsFit soll grundsätzlich alle Jugendlichen mit Unterstützungsbedarf, bei denen ein Eintritt in eine weiterführende Berufsausbildung oder deren erfolgreicher Besuch an nicht ausreichend vorhandenen, vordefinierten Basiskompetenzen scheitert, an eine Ausbildung heranführen. In AusbildungsFit werden individuelle Fähigkeiten für den nächsten Schritt zur Ausbildung vermittelt. Mit dem Vormodul wurde zudem ein zusätzliches niederschwelligeres Angebot eingerichtet, das darauf abzielt, Jugendliche mit größerem Nachreifungsbedarf an eine Wochenstruktur heranzuführen.
Berufsausbildungsassistenz
Die Berufsausbildungsassistenz (BAS) unterstützt Jugendliche mit Behinderungen und anderen Vermittlungshemmnissen im Rahmen einer Berufsausbildung (ermöglicht eine verlängerte Lehrzeit oder Teilqualifizierung). Berufsausbildungsassistent*innen begleiten die Jugendlichen während ihrer gesamten Ausbildung sowohl im Betrieb als auch in der Schule und sichern damit nachhaltig die Ausbildungswege ab.
Arbeitsassistenz
Arbeitsassistenz zielt darauf ab, Menschen mit Behinderungen durch intensive persönliche Vorbereitung, Beratung und Begleitung bessere Chancen auf Integration in ein reguläres Arbeitsverhältnis zu ermöglichen beziehungsweise einen drohenden Verlust des Arbeitsplatzes abzuwenden. Die Assistent*innen bieten Menschen mit Behinderungen Berufsvorbereitung und Unterstützung bei der Erlangung und Sicherung von Arbeitsplätzen. Unternehmen, die Menschen mit Behinderungen einstellen wollen, erhalten Unterstützung bei Fragen zu gesetzlichen Rahmenbedingungen, Informationen über Förderleistungen und Hilfestellung bei Problemen im Betrieb. Droht ein Arbeitsplatzverlust, wird ein umfassendes Beratungs- und Unterstützungsangebot bereitgestellt.
NEBA Betriebsservice
Ziel des NEBA Betriebsservice ist die Bereitstellung eines flächendeckenden, bundesweit standardisierten und auf die Bedürfnisse der Unternehmen fokussierten, individuell maßgeschneiderten Beratungs- und Serviceangebots als zentrale Anlaufstelle für alle Betriebe bei allen Anliegen rund um das Thema „Arbeit und Behinderung“, um Betriebe stärker zur Herstellung eines inklusiven Arbeitsumfeldes unter Berücksichtigung der Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen und Jugendlichen mit Assistenzbedarf sowie zur Einstellung dieser Zielgruppe zu motivieren.
Jobcoaching
Jobcoaching bietet direkte, individuelle Unterstützung am Arbeitsplatz für Personen mit umfassenderem Assistenzbedarf (zum Beispiel aufgrund einer Lernbehinderung oder mehrfachen Problemstellungen). Dabei werden sowohl die fachlich-kommunikativen als auch die sozialen Kompetenzen gefördert, damit die Personen die gestellten Anforderungen dauerhaft eigenständig erfüllen können.
Die Dauer der Betreuung wird individuell vereinbart und kann sich über bis zu sechs Monate erstrecken. Auch bei bestehenden Dienstverhältnissen, bei denen eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit oder eine Umschulung erforderlich ist, oder bei sonstigen Schwierigkeiten beziehungsweise Unsicherheiten stehen die Jobcoaches unterstützend zur Seite.
Sonstige Assistenzen
Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz
Ziel der Persönlichen Assistenz am Arbeitsplatz ist eine qualitative und quantitative Steigerung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am allgemeinen Arbeitsmarkt oder bei der Absolvierung einer Ausbildung, die aufgrund einer Behinderung persönliche und individuelle Unterstützung zur selbstbestimmten und eigenverantwortlichen Gestaltung des Arbeitslebens beziehungsweise der Ausbildung benötigen.
Qualifizierungsmaßnahmen und „Barrierefreie Ausbildungen“
Im Rahmen von Qualifizierungsprojekten werden Menschen mit Behinderungen gezielte Maßnahmen zur Qualifizierung angeboten, um die Chancen einer Teilhabe am Arbeitsmarkt zu erhöhen. Angebote sind zum Beispiel Teilqualifikationen, Arbeitstrainings und Ausbildungsmaßnahmen in bestimmten Berufen. Mit dem Pilotprojekt „Barrierefreie Ausbildung“ wurden mit Jahresbeginn 2023 inklusive Ausbildungs- und Qualifizierungsangebote geschaffen, die auf Jugendliche und junge Erwachsene mit höherem Unterstützungsbedarf abzielen.
7.1.3 Individualförderungen
Zusätzlich zu den Projektförderungen besteht eine Vielzahl an individuellen und maßgeschneiderten Individualförderungen.
Zentrales Element der Individualförderungen bilden die Lohnförderungen. Hierbei handelt es sich um Zuschüsse für Unternehmen, um allfällige, aufgrund der Behinderung bestehende Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen (zum Beispiel vermehrte Krankenstände) auszugleichen.
Lohnförderungen, die durch das SMS abgewickelt werden, sind
- der Entgeltzuschuss, der die konkrete Minderung der Leistungsfähigkeit kompensieren soll
- der Arbeitsplatzsicherungszuschuss zum Erhalt eines bestehenden, aber gefährdeten Arbeitsplatzes sowie
- die Inklusionsförderung, InklusionsförderungPlus und InklusionsförderungPlus für Frauen ungeachtet einer Leistungsminderung in Form einer pauschalen Abgeltung der Lohn- und Lohnnebenkosten
Darüber hinaus können Individualförderungen gewährt werden für:
- Arbeit und Ausbildung (technische Arbeitshilfen, Schulungskosten, Ausbildungsbeihilfen, Übernahme von Gebärdensprachdolmetschkosten etc.)
- Mobilität (Anschaffung eines Assistenzhundes, Mobilitätszuschuss etc.)
- selbstständige Unternehmer*innen (Zuschüsse bei Gründung sowie zur Sicherung einer selbstständigen Tätigkeit)
7.1.4 Integrative Betriebe
In Integrativen Betrieben können Menschen mit Behinderungen ihre Leistung in einem optimalen Arbeitsumfeld erbringen. Österreichweit gibt es acht Integrative Betriebe gemäß Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG), aufgebaut in Modulen (Modul = Beschäftigung und Berufsvorbereitung), mit über 20 Betriebsstätten. Mit Beginn des Jahres 2023 wurden von Integrativen Betrieben im Modul Beschäftigung mehr als 2.400 Arbeitsplätze, davon rund 1.800 Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen, bereitgestellt. Weiters wurden im Modul Berufsvorbereitung insgesamt rund 200 Ausbildungsplätze für Menschen mit Behinderungen angeboten. Das BMSGPK unterstützt Integrative Betriebe im Modul Beschäftigung mittels einer Förderung, die Integrativen Betrieben durch die Beschäftigung der Menschen mit Behinderungen entstehenden Mehraufwand ausgleichen soll.
Im Modul Berufsvorbereitung erfolgte mit dem Start einer betrieblichen Lehrausbildung eine neue Schwerpunktsetzung. Damit soll Menschen mit Behinderungen nicht nur eine niederschwellige Qualifizierung, sondern auch Zugang zu einer hochwertigen beruflichen Ausbildung mit einem formalen Abschluss ermöglicht werden. Seit 1. September 2022 ist neben der regulären und verlängerten Lehre auch die Absolvierung einer Teilqualifikation möglich. Mit Beginn des Jahres 2023 standen im Rahmen dieser Schwerpunktsetzung rund 170 Menschen mit Behinderungen in einer Ausbildung. Es ist vorgesehen, das Angebot an Lehrausbildungsplätzen in den Integrativen Betrieben auf insgesamt 200 zu erhöhen.
7.2 Novelle des Bundesbehindertengesetzes (BBG)
Im Zuge einer Novelle des Bundesbehindertengesetzes wurden dem Unterstützungsfonds für Menschen mit Behinderung insgesamt 100 Mio. EUR zugeführt, mit denen Projekte und Maßnahmen von gemeinnützigen Organisationen, Gebietskörperschaften, Gemeindeverbänden und Fonds öffentlichen Rechts gefördert werden können, wenn diese zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention beitragen und von überregionaler Bedeutung sind.
In einem ersten Schritt sollen die Mittel dazu verwendet werden, bundeseinheitliche Grundsätze für Persönliche Assistenz in allen Lebensbereichen herzustellen. Da die Bundesländer für Persönliche Assistenz außerhalb der Arbeitswelt zuständig sind, wurde eine Förderungsregelung erarbeitet, mittels der im Rahmen von Pilotprojekten Persönliche Assistenz nach harmonisierten Rahmenbedingungen abgewickelt werden soll.
Die Erarbeitung der Kriterien für die Förderung erfolgte unter Einbeziehung der Expertise der Vertreter*:innen von Menschen mit Behinderungen sowie einzelner Bundesländer.
In Umsetzung der Projekte nach den am 25. März 2023 veröffentlichten Richtlinien sollen erstmals harmonisierte Rahmenbedingungen für alle Lebensbereiche geschaffen werden. Vereinheitlicht werden dazu die Definition der Persönlichen Assistenz, Kriterien und Prozedere der Bedarfsfeststellung, Serviceleistungen, Leistungserbringung sowie die Evaluierung und Qualitätssicherung. Zudem wird eine Erweiterung der Anspruchsberechtigten um Menschen mit intellektuellen oder psychischen Beeinträchtigungen angestrebt. Als wesentliche Verbesserung ist zukünftig auch die arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Absicherung der Assistent*innen vorgesehen. Die Förderrichtlinie sieht zudem eine abgestimmte Abwicklung im Sinne des One-Stop-Shop-Prinzips vor.
Bundesländer, die ihr Angebot auf der Grundlage der Richtlinie zur Verfügung stellen, erhalten aus dem Unterstützungsfonds für Menschen mit Behinderung bis zu 50 Prozent der Kosten refundiert. Damit soll die Assistenz in Freizeit und Beruf langfristig harmonisiert und der Kreis der Anspruchsberechtigten erweitert werden.
7.3 Gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen
7.3.1 Behindertenpässe
Mit dem Behindertenpass ist – je nach Zusatzeintragung – eine Vielzahl von Vorteilen verbunden, wie zum Beispiel ein pauschalierter Steuerfreibetrag, die Befreiung von der motorbezogenen Versicherungssteuer, Fahrpreisermäßigungen u. v. m. Österreichweit gibt es mit Stand Ende Juni 2023 rund 395.000 gültige Behindertenpässe.
7.3.2 Kostenlose Autobahnjahresvignette
Behindertenpassinhaber*innen mit der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ erhalten seit 2019 automatisch eine digitale Jahresvignette für das auf sie zugelassene mehrspurige Fahrzeug. Ein Antrag beim Sozialministeriumservice muss seither nicht mehr gestellt werden. Vor dieser Umstellung wurden zuletzt (im Jahr 2018) rund 80.000 Vignetten über das SMS versendet.
7.3.3 Parkausweise für Menschen mit Behinderungen
Zur Erleichterung der Mobilität im täglichen Leben besteht für Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit, die Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung zu beantragen, mit dem gewisse Parkplätze explizit vorbehalten sind beziehungsweise kostenloses Parken in Kurzparkzonen möglich ist. Mit 2014 erfolgte die Kompetenzübertragung der Ausstellung der Parkausweise auf das Sozialministeriumservice. Mit Stand Ende Juni 2023 gab es rund 117.000 gültige Parkausweise.
7.3.4 Zuwendungen aus dem Unterstützungsfonds für Menschen mit Behinderung
Personen, die durch ein mit ihrer Behinderung in Zusammenhang stehendes Ereignis in eine soziale Notlage geraten sind, können Zuwendungen aus dem Unterstützungsfonds für Menschen mit Behinderung erhalten.
2022 wurden die meisten Anträge in den Bereichen Adaptierung von Wohnmöglichkeiten und Mobilität gestellt. Im Jahr 2022 wurden mehr als 1.800 Unterstützungen mit einem Gesamtvolumen von rund 4 Mio. EUR gewährt.
7.3.5 Erhöhte Familienbeihilfe
Familien mit Kindern mit Behinderungen stehen vor vielen Herausforderungen, die es tagtäglich zu bewältigen gilt. Nicht nur finanzielle, sondern auch bürokratische Hürden erschweren den Alltag zusätzlich. Um die betroffenen Personen von unnötigem Verwaltungsaufwand zu entlasten, wurde in Zusammenarbeit mit dem Bundeskanzleramt das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 novelliert.
Der Erhöhungsbetrag bei der Familienbeihilfe (erhöhte Familienbeihilfe) wird nun bei Vorliegen eines Behindertenpasses ohne weitere ärztliche Untersuchung und damit zusammenhängenden Behördenaufwand gewährt.
Die Antragsteller*innen ersparen sich bei Vorliegen eines Behindertenpasses in Zukunft nicht nur die bisher nötige gesonderte ärztliche Begutachtung, sondern durch die direkte Übermittlung der Daten durch das Sozialministeriumservice an das Finanzamt Österreich auch die Vorlage des Behindertenpasses samt ergänzender Unterlagen und ärztlicher Befunde beim Finanzamt Österreich.
7.3.6 Lohn statt Taschengeld
Für Menschen mit Behinderungen, die aufgrund der Art und Schwere ihrer Behinderung nicht in der Lage sind, am ersten Arbeitsmarkt oder in geförderten Arbeitsplätzen des zweiten Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein, bieten die Bundesländer im Rahmen ihrer Zuständigkeit die Möglichkeit der Beschäftigung in Tages- und Beschäftigungsstrukturen. Für ihre Tätigkeit erhalten diese Personen ein Taschengeld, das von Bundesland zu Bundesland und von Träger zu Träger variiert. Zudem bekommen die Beschäftigten noch andere Leistungen aus der Sozialhilfe der Bundesländer oder vom Bund.
Das Regierungsprogramm sieht in diesem Bereich die Einführung von Lohn statt Taschengeld vor.
Aufgrund des hochkomplexen Themas, das Arbeitsrecht, Sozialrecht, Behindertenhilfe der Bundesländer und viele andere Gesetzesmaterien betrifft, wurde – um negative Folgen für Personen zu vermeiden – eine Studie durch das NPO-Kompetenzzentrum der Wirtschaftsuniversität Wien mit Berechnungen in Auftrag gegeben. Diese wurde Ende 2023 präsentiert und veröffentlicht sowie mit allen beteiligten Stakeholder*innen die weitere Vorgehensweise auf Basis des Endberichts zur Studie erarbeitet.
7.4 Ausbau der Datenlage zu Menschen mit Behinderungen
Um die Datenlage zu Menschen mit Behinderungen zu verbessern, wurde zwischen dem BMSGPK und der Bundesanstalt Statistik Österreich (Statistik Austria) ein Vertrag mit Laufzeit von 2022 bis 2025 unterzeichnet. Die wesentlichen Vertragsinhalte bilden:
- Aufbau einer Dateninfrastruktur für regelmäßige Behinderungs- und Teilhabestatistiken
- Einrichtung einer Koordinationsstelle für Statistiken zu Menschen mit Behinderungen
- Entwicklung von Bedarfsanforderungen mit Stakeholder*innen und Betroffenen
- Erstellung von Jahresberichten
- Verknüpfung von Registerdaten
Es wird eine langfristige Zusammenarbeit zur Aufarbeitung der Daten zu Menschen mit Behinderungen mit der Statistik Austria angestrebt.
7.5 Nationaler Aktionsplan Behinderung 2022 – 2030
Der Nationale Aktionsplan (NAP) Behinderung ist die langfristige Strategie der österreichischen Bundesregierung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Am 6. Juli 2022 hat nach dem Auslaufen des ersten NAP Behinderung (Laufzeit 2012 – 2021) die Bundesregierung im Ministerrat den NAP Behinderung 2022 – 2030 beschlossen (NAP Behinderung II). Das BMSGPK hat die Universität Wien mit der Evaluierung des NAP Behinderung I beauftragt und die Ergebnisse der Evaluierung auf der Ressortwebsite veröffentlicht.
Der NAP Behinderung II stellt für die einzelnen Bereiche die aktuelle Situation in Form eines Problemaufrisses dar („Ausgangslage“). Der Plan enthält 288 gemeinsame politische Zielsetzungen, auf die sich alle Bundesministerien und die Bundesländer verständigt haben sowie rund 150 Indikatoren, die den jeweiligen Zielerreichungsgrad messen sollen. Schließlich enthält der NAP Behinderung II in acht Kapiteln insgesamt 375 Maßnahmen, die bis 2030 umzusetzen sind.
Der NAP Behinderung II ist das Ergebnis eines mehrjährigen, breit angelegten Beteiligungsprozesses. Das für die Koordinierung des NAP Behinderung und für die gesamtstaatliche Koordination der UN-Behindertenrechtskonvention zuständige BMSGPK hat bei der Erstellung des NAP durchgehend auf die Partizipation der Zivilgesellschaft beziehungsweise der Einbindung der Vertrete*:innen von Menschen mit Behinderungen während des NAP-Erstellungsprozesses geachtet.
Anders als beim NAP Behinderung I haben beim NAP Behinderung II neben dem Bund auch die Bundesländer an der Erstellung mitgewirkt und sich an der Umsetzung des NAP II beteiligt. Die Bundesministerien und Bundesländer haben in 26 Expert*innen-Teams zum NAP Beiträge ausgearbeitet, die als Basis für den NAP verwendet wurden. Diese Beiträge enthalten zum Teil sehr detaillierte Strategien, Zielsetzungen und Maßnahmen auf Bundes- beziehungsweise Landesebene. Der NAP Behinderung II sowie die 26 Beiträge für den NAP Behinderung sind auf der Website des BMSGPK abrufbar.
Der NAP Behinderung wird durch eine im BMSGPK eingerichtete Begleitgruppe, in der die Zivilgesellschaft beziehungsweise die Behindertenorganisationen eine zentrale Rolle einnehmen und in der alle Bundesministerien und Bundesländer vertreten sind, auf Expert*innen-Ebene begleitet. Zudem ist beabsichtigt, den NAP Behinderung II laufend im Rahmen einer wissenschaftlichen Begleitung und Bewertung zu evaluieren. Im Rahmen dieser Evaluierung sollen auch jährliche Fortschrittsberichte veröffentlicht werden.
Seit Inkrafttreten des Behindertengleichstellungsrechtes am 1. Jänner 2006 gab es mit Stand 30. Juni 2023:
- 4.168 Schlichtungsverfahren, davon betrafen 2.196 (52,7 Prozent) das Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG) und 1.972 (47,3 Prozent) das Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG).
- Insgesamt 4.075 Schlichtungsverfahren (97,8 Prozent) waren am Stichtag erledigt, 93 Verfahren (2,2 Prozent) offen.
- Von den erledigten Fällen konnte in 1.641 Fällen (40,3 Prozent) eine Einigung erzielt werden, in 1.843 Fällen (45,2 Prozent) keine Einigung.
- In 591 Fällen (14,5 Prozent) wurde das Schlichtungsbegehren zurückgezogen, wobei Rückziehungen erfahrungsgemäß aufgrund einer Einigung im Vorfeld erfolgen.
- Von den insgesamt 4.168 Schlichtungsverfahren betrafen 888 (21,3 Prozent) den Themenkreis Barrieren. 853 davon waren zum Stichtag abgeschlossen. Die Einigungsquote im Bereich Barrieren betrug 55,7 Prozent, ist also deutlich höher als in den anderen Bereichen.
5.2 Zum Tätigkeitsfeld Barrierefreiheitsrecht
Die Beseitigung von Barrieren ist wesentlich für die Gleichstellung und Inklusion von Menschen mit Behinderungen in der Gesellschaft. Mit Inkrafttreten des Behindertengleichstellungsrechts im Jahr 2006 und der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention im Jahr 2008 wurden diesbezüglich wichtige Voraussetzungen geschaffen. Im NAP Behinderung II ist dem Thema Barrierefreiheit ein ganzes Kapitel gewidmet, das 78 Maßnahmen umfasst und viele Lebensbereiche abdeckt – vom Verkehr über die Kultur bis zum Tourismus. Barrieren sind vielfach auch die Ursache für eine Diskriminierung im Behindertenbereich. Eine Diskriminierung liegt nach dem Behindertengleichstellungsrecht allerdings nicht vor, wenn die Beseitigung der Diskriminierung nicht zumutbar wäre beziehungsweise deren Beseitigung eine wirtschaftliche Härte darstellen würde.
Das Parlament hat im Juli 2023 ein Bundesgesetz über Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen (Barrierefreiheitsgesetz – BaFG), beschlossen (BGBl. I Nr. 76 / 2023), das in der Praxis aufgrund verpflichtender Barrierefreiheitsanforderungen für die vom Gesetz betroffenen Produkte und Dienstleistungen die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in Alltag und Beruf entscheidend verbessern wird. Das BaFG sieht vor, dass ab 28. Juni 2025 Hersteller*innen, Importeur*innen und Händler*innen von Produkten sowie Dienstleistungserbringer*innen zur Einhaltung von EU-weiten Barrierefreiheitsstandards verpflichtet werden. Ziel des BaFG ist es, zur Harmonisierung des EU-Binnenmarktes beizutragen und Menschen mit Behinderungen eine selbstbestimmte Lebensführung zu erleichtern. Eine ganze Reihe von Produkten und Dienstleistungen mit IKT- beziehungsweise Digitalisierungsbezug müssen künftig barrierefrei sein, damit sie im EU-Binnenmarkt angeboten werden dürfen.
Zu diesen Produkten und Dienstleistungen zählen:
- PCs, Notebooks, Tablets, Smartphones, Smart-TVs, TV-Sticks, Spielkonsolen, E-Books
- Zahlungsterminals (für Kartenzahlungen), Geldautomaten, Fahrkartenautomaten, Check-in-Automaten
- bestimmte Dienste im Personenverkehr (zum Beispiel Websites, Apps, elektronische Tickets und Ticketdienste, Reiseinformationen)
- Bankdienstleistungen für Verbraucher:innen;
- E-Commerce-Dienste (Online-Shops)
- elektronische Kommunikationsdienste wie Sprach- und Videotelefonie sowie Online-Messengerdienste (zum Beispiel WhatsApp, Signal oder Skype)
- Apps und Websites für den Zugang zu audiovisuellen Mediendiensten (zum Beispiel YouTube)
Mit dem BaFG wird die Richtlinie (EU) 2019 / 882 vom 17. April 2019 über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen (European Accessibility Act) umgesetzt. Das Gesetz wird, wie in der EU-Richtlinie vorgesehen, mit 28. Juni 2025 in Kraft treten.
Betroffene Unternehmen werden nach dem BaFG verpflichtet, ein Konformitätsbewertungsverfahren durchzuführen und auf Basis der technischen Dokumentation zu bewerten, ob und wie die gesetzlichen Barrierefreiheitsanforderungen erfüllt werden. Kleinstunternehmen, die Dienstleistungen anbieten, sind vom Anwendungsbereich des BaFG ausgenommen. Für Kleinstunternehmen, die Produkte herstellen, sie importieren oder mit ihnen handeln, gibt es Erleichterungen, sodass auch sie keinen unzumutbaren Verwaltungsaufwand durch das BaFG befürchten müssen.
Produkte und Dienstleistungen, die nach dem BaFG barrierefrei sein müssen, werden einer zentralen Marktüberwachung durch das Sozialministeriumservice unterliegen. Verbraucher:innen können sich an die Marktüberwachungsbehörde wenden und auf nicht-barrierefreie Produkte oder Dienstleistungen hinweisen. Die Marktüberwachungsbehörde prüft in weiterer Folge, ob alle Barrierefreiheitsanforderungen eingehalten wurden und veranlasst im Bedarfsfall die notwendigen Schritte wie Aufforderungen an Unternehmen sowie bescheidmäßige Anordnungen und verhängt, wenn nötig, Verwaltungsstrafen (bis zu 80.000 EUR).
7.6 Tätigkeiten im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie
7.6.1 Menschen mit Behinderungen
Abseits der Schutzmaßnahmen im institutionellen Setting wurde besonderes Augenmerk auf die individuelle Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen gelegt und spezielle Maßnahmen zum Beispiel im Bereich der Kommunikation (Fokus Beratung, Gebärdensprache und Leichte Sprache) oder im Bereich der Schutzmaßnahmen (zum Beispiel Ausnahmen bei der Maskenpflicht für gehörlose Personen und bei der Abstandsregelung für Persönliche Assistent*innen) gesetzt.
Ein weiterer Schwerpunkt war die Sicherstellung der Versorgungssituation. In diesem Zusammenhang wurde normiert, dass Angehörige von Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit haben, drei Wochen Sonderurlaub zu erhalten, wenn zum Beispiel Betreuungseinrichtungen geschlossen werden mussten oder die Persönliche Assistenz nicht erbracht werden konnte.
Letztlich wurde besonderes Augenmerk auf den Erhalt von Arbeitsplätzen für Menschen mit Behinderungen gelegt. Dies ist durch Einführung einer neuen Förderung und Übernahme der Kosten im Falle einer Kurzarbeit gelungen. Weiters wurden bestehende Zuschüsse und Förderungen im Bereich der Beruflichen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen erhöht.
7.6.2 Evaluierung des NAP 2012 – 2020
Im Rahmen der Evaluierung des Nationalen Aktionsplans Behinderung NAP 2012 – 2020 durch die Universität Wien wurde auf Initiative des Auftraggebers Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz in einem eigenen Unterkapitel auch das Krisenmanagement im Kontext „Behinderung“ am Beispiel der COVID-19-Pandemie untersucht. Aus dieser wissenschaftlichen Untersuchung resultierten acht Empfehlungen wie insbesondere die Berücksichtigung des Themas Krisenmanagement im neuen NAP Behinderung II, die Beachtung der relevanten Artikel der UN-Behindertenrechtskonvention in Bezug auf Krisenmanagement und die Institutionalisierung eines partizipativen Krisenmanagements.
Sozialbericht 2024, Band 2: Sozialpolitische Analysen
In Band 2 des Sozialberichts 2024 versuchen Wissenschaftler*innen, Antworten auf die übergeordnete Frage nach der Zukunft des Sozialstaats zu geben. Die Studienbeiträge zeigen dabei eines deutlich auf: Unser Wohlfahrtsstaat ist gefordert, um in Zukunft gesellschaftliche Teilhabe aller in unserem Land lebenden Menschen sicherzustellen und sozialen Zusammenhalt zu fördern.
In der Studie „Lebensbedingungen, Armut und soziale Ausgrenzung“ der Statistik Austria wird anhand aktueller Daten die ungleiche Verteilung von Einkommen, Lebensbedingungen und Chancen in Österreich analysiert.
Die Studie „Ökosozialstaat – Handlungsfelder eines ökologisch nachhaltigen Sozialstaates“ des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO) und der Wissenschaftlichen Vereinigung für Analyse, Beratung und interdisziplinäre Forschung (abif) nimmt die Rolle und Funktion des Sozialstaats in der notwendigen sozialökologischen Transformation unter die Lupe.
Die Untersuchung „Armutsfester Sozialstaat der Zukunft“ wirft einen Blick auf die Möglichkeiten einer Weiterentwicklung des Sozialstaat, damit Armut verhindert wird. , dieser Frage geht nach. Sie wurde von einem Konsortium aus Forschenden der Wirtschaftsuniversität Wien, Universität Wien, WIFO und der Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt (FORBA) erstellt.
Die Studie „Privateigentum und Ressourcennutzung: Wege zu einer egalitären Gesellschaft in Österreich“ der Österreichischen Nationalbank (OeNB) erarbeitet, wie angesichts hoher Vermögenskonzentration in Österreich mehr Leistungsgerechtigkeit, Gleichheit und bessere Chancenverteilung erreicht und gleichzeitig der Ressourcenverbrauch verringert werden kann.
Eine von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erstellte Studie mit dem Titel „Sozioökonomische Benachteiligung in der Kindheit in Österreich. Wesentliche Herausforderungen im aktuellen Überblick“ zeigt jene Kosten auf, die entstehen, wenn nicht in die Zukunft benachteiligter Kinder investiert wird.
Der Sozialbericht beleuchtet, welche Maßnahmen des Ressorts zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals, SDGs) beitragen. Grafische Übersichten jeweils am Ende der Kapitel in Band 1 zeigen an, wie die Aktivitäten und Tätigkeitsbereiche des Ressorts mit den Zielen korrespondieren. In Band II wird bei jeder Studie ausgewiesen, zu welchen Zielen sie neue Evidenz und Analysen liefern. Damit möchte das Sozialministerium nicht nur die Sichtbarkeit der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen in Österreich weiter erhöhen, sondern auch auf ihren universellen Anspruch hinweisen, ein gutes Leben für alle innerhalb planetarer Grenzen zu ermöglichen.
Service-Links
Sozialbericht 2024, Band I: Ressortaktivitäten (PDF)
Sozialbericht 2024, Band II: Sozialpolitische Analysen (PDF)
Quelle: Sozialbericht des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz