Stellungnahme des Österreichischen Behindertenrats zum Bundesgesetz über Qualifizierte Einrichtungen zur kollektiven Rechtsverfolgung (QEG)
Der Österreichische Behindertenrat ist die Interessenvertretung der 1,4 Mio. Menschen mit Behinderungen in Österreich. In ihm sind über 85 Mitgliedsorganisationen organisiert. Auf Grund der Vielfalt der Mitgliedsorganisationen verfügt der Österreichische Behindertenrat über eine einzigartige Expertise zu allen Fragen, welche Menschen mit Behinderungen betreffen.
Der Österreichische Behindertenrat dankt dem Bundesministerium für Justiz für die Gelegenheit zur Abgabe einer Stellungnahme und erlaubt sich, diese wie folgt auszuführen:
Allgemeines
Grundsätzlich wird das intendierte Vorhaben, die RL (EU) 2020/1828 in Österreich umzusetzen und damit die kollektiven Interessen von Verbraucher*innen besser zu schützen, als positiv bewertet.
Hierbei wurden jedoch die Organisationen, die jetzt schon Verbandsklagen gem. dem BGStG machen können, nicht berücksichtigt. Sie wurden auch nicht in die vom BMJ durchgeführten Arbeitsgruppen mit den Stakeholdern (siehe Erläuterungen unten) einbezogen. Gerade diese Organisationen sind aber besonders geeignet, die Interessen der Gruppe von Verbraucher*innen mit Behinderungen, die eine Größe von ca. 1,4 Mio. hat, kollektiv zu vertreten.
Damit Menschen mit Behinderungen von diesem Gesetz im entsprechenden Ausmaß profitieren können, sind daher nachfolgende Änderungen am Entwurf vorzunehmen.
Zu den einzelnen Regelungen
Zu § 3 QEG
Um die Interessen der Verbraucher*innen mit Behinderungen entsprechend zu schützen, müssen auch die in § 13 Abs 1 BGStG zur Erhebung einer Verbandsklage ermächtigten Organisationen (Österreichischer Behindertenrat, Klagsverband und Behindertenanwalt) in § 3 QEG ex lege zu qualifizierten Einrichtungen gem. § 2 QEG erklärt und ihnen damit die Rechtsbehelfe aus dem QEG zur Verfügung gestellt werden.
Der Behindertenrat besitzt nämlich seit 2006 das Verbandsklagerecht gem. BGStG und hat dieses in letzter Zeit einige Male (im Jahr 2024 bereits zwei Mal) genutzt, um die Interessen von Verbraucher*innen mit Behinderungen durchzusetzen.
Daher fordert der Behindertenrat, den Paragrafen wie folgt zu ergänzen (Ergänzungen in fett):
„Die Wirtschaftskammer Österreich und die Bundesarbeiterkammer sind Qualifizierte Einrichtungen im Sinn der §§ 1 und 2 dieses Bundesgesetzes, der Österreichische Landarbeiterkammertag, die Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs, der Österreichische Gewerkschaftsbund, der Verein für Konsumenteninformation, der Österreichische Behindertenrat, der Klagsverband zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern, der Behindertenanwalt (§ 13b BBG) und der Österreichische Seniorenrat sind Qualifizierte Einrichtungen im Sinn des § 2 dieses Bundesgesetzes.
Zu § 7 QEG
In diesem Paragrafen sind allgemeine Informationspflichten für die qualifizierten Einrichtungen vorgesehen.
Damit Menschen mit Behinderungen Zugang zu diesen Informationen haben, müssen diese barrierefrei zur Verfügung gestellt werden. Es ist zwar im Gesetz vorgesehen, dass die Informationen leicht verständlich sein müssen, das ist jedoch für umfassende Barrierefreiheit zu wenig.
Daher fordert der Österreichische Behindertenrat, dass in den Gesetzestext eine Verpflichtung aufgenommen wird, dass die Website dem aktuellen Barrierefreiheitsstandard (derzeit WCAG 2.1, Level AA) entsprechen muss und die Informationen auch in weiteren barrierefreien Formaten (z.B. ÖGS) bereitzustellen sind.
Zu § 9 Abs 1 und 3 QEG
In diesen zwei Absätzen werden Vorgaben für die Informationspflicht über Verbandsklagen gemacht bzw. das Formblatt für den Beitritt geregelt.
Leider befinden sich jedoch in diesen Bestimmungen keine Vorgaben hinsichtlich der notwendigen Barrierefreiheit der Website und der Informationen bzw. dem Formblatt selbst. Das führt dazu, dass Menschen mit Behinderungen potenziell von der Informationsgewinnung und damit von einem Beitritt zu den Verfahren ausgeschlossen sind.
Daher fordert der Österreichische Behindertenrat, dass in diesen Absätzen festgeschrieben wird, dass die Website und das Formblatt barrierefrei ausgestaltet sein müssen und darüber hinaus die Informationen in barrierefreier Form und in barrierefreien Formaten angeboten werden müssen.
Mit besten Grüßen
Für Präsident Klaus Widl
Mag. Bernhard Bruckner