In der Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Soziales des Nationalrats am 6. Juni 2024 sprach sich Sozialminister Johannes Rauch für eine neue Mindestsicherung aus. Es brauche wieder eine 15a-Vereinbarung mit den Bundesländern, um bundesweit die gleichen Leistungen sicherzustellen, sagte er bei den Beratungen über den Sozialbericht 2024. Derzeit würden Sozialhilfebezieher*innen in jenen Bundesländern, die bestehende Spielräume nicht nutzen, zum Teil deutlich weniger Geld erhalten wie in anderen Ländern. Konkret kritisierte Rauch in diesem Zusammenhang Nieder- und Oberösterreich. Was das Thema Kindergrundsicherung betrifft, möchte Rauch trotz des Gegenwinds seitens der ÖVP ein Modell ausarbeiten. Am 14. Juni ist dazu eine große Runde im Sozialministerium geplant. Generell hob Rauch die Bedeutung des Sozialstaats hervor: Ohne Sozialleistungen wären infolge der aktuellen Krisen deutlich mehr Menschen unter die Armutsgefährdungsschwelle gerutscht. Was das bedeutet hätte, zeige sich aktuell in Großbritannien. Kontrovers wurde der Sozialbericht von den Abgeordneten bewertet – die Palette reichte von großem Lob bis zu harscher Kritik. Einstimmig den Ausschuss passierte eine Novelle zum Opferfürsorgegesetz. Auch sogenannte „Berufsverbrecher“ sollen demnach ausdrücklich als Opfer des Nationalsozialismus anerkannt werden. Die Beratungen über Anträge der Opposition wurden hingegen vertagt: Sie haben unter anderem die Einführung einer Kindergrundsicherung, die Zusammenführung von Sozialhilfe und Notstandshilfe, die Schaffung eines Corona-Wiedergutmachungsfonds des Bundes und Verbesserungen für Menschen mit Behinderung zum Ziel.
Sozialbericht informiert über staatliche Leistungen und bietet sozialpolitische Analysen
Im Sozialbericht 2024 wird unter anderem auf die von der Regierung gesetzten Reformmaßnahmen im Pflegebereich sowie auf die staatlichen Unterstützungsleistungen zur Abfederung der aktuellen Krisen sowie zur Vermeidung von Kinderarmut und Altersarmut verwiesen. So trugen etwa der Kinderzuschuss für einkommensschwache Familien, außertourliche Erhöhungen der Ausgleichszulage, die jährliche Valorisierung von Sozial- und Familienleistungen sowie diverse Einmalzahlungen dazu bei, die Kaufkraft von einkommensschwachen Familien und Personen im Wesentlichen zu erhalten. Ebenso werden der sogenannte „Wohnschirm“ zur Verhinderung von Delogierungen und die Bedeutung der gesetzlichen Sozialversicherung insgesamt hervorgehoben. 14 % der Haushalte galten 2022 laut Bericht als armutsgefährdet, ohne staatliche Sozialleistungen würden 25,5 % der Bevölkerung (rund 2,261 Mio. Personen) unter die Armutsgefährdungsschwelle fallen. Auch über die Einkommensverteilung in Österreich, steigende Pensionsausgaben, die Situation von Menschen mit Behinderung, in die Wege geleitete Maßnahmen zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung, die EU-Sozialpolitik und viele weitere Bereiche liefert der Bericht Informationen.
SPÖ und Grüne für Überarbeitung der Mindestsicherung
Die aktuellen Krisen hätten gezeigt, wie wichtig ein Sozialstaat und Sozialleistungen seien, hob Sozialminister Rauch im Ausschuss hervor. So habe die Bundesregierung auf die Corona-Krise mit einem massiven Mitteleinsatz reagiert, um Armut in der Bevölkerung zu vermeiden. Insgesamt seien in den Jahren 2020 bis 2022 40 Mrd. € in die Hand genommen worden. Wäre Österreich kein Sozialstaat, würde das Land heute ganz anders aussehen, bekräftigte er. Welche „katastrophalen Folgen“ fehlende soziale Absicherung habe, sieht man Rauch zufolge aktuell in Großbritannien, wo es zu einer flächendeckenden Verarmung ganzer Bevölkerungsgruppen gekommen sei. Das wirke sich auch auf die Sicherheit aus.
Unzufrieden ist Rauch mit der aktuellen Ausgestaltung der Sozialhilfe. Es brauche wieder bundesländerübergreifend gleiche Regelungen in Form einer 15a-Vereinbarung, sagte er und warb in diesem Sinn für eine „Mindestsicherung Neu“. Zwar hätten die Bundesländer nach geltender Rechtslage die Möglichkeit, Spielräume auszunutzen, Oberösterreich und Niederösterreich machten davon aber keinen Gebrauch.
Unterstützung erhielt Rauch in dieser Frage von Grünen-Sozialsprecher Markus Koza und SPÖ-Abgeordnetem Alois Stöger. Es sei notwendig, die Mindestsicherung „generalzusanieren“, sagte Koza. Stöger ist es vor allem ein Anliegen, die bestehenden Obergrenzen abzuschaffen.
Maßnahmen gegen Kinderarmut
Um Kinderarmut zu verhindern, habe die Regierung zahlreiche Maßnahmen gesetzt, betonte Rauch. Das habe auch eine ökonomische Wirkung, schließlich seien die Folgekosten von Kinderarmut enorm, betonte er. Evident ist für Rauch, dass sich Armutsbiographien entlang von Bildungsbiographien bewegen, wie er in Antwort auf eine Frage der SPÖ sagte. Er persönlich halte in diesem Sinn die schulische Trennung von Kindern mit zehn Jahren für „unsinnig“. Das für einkommensschwache Familien angebotene Schulstartpaket wird ihm zufolge zu 90 % abgeholt.
„Gut unterwegs“ sieht Rauch die Politik beim Pilotprojekt „Lohn statt Taschengeld“, das auf eine bessere soziale Absicherung von Menschen mit Behinderung abzielt. Auch im Pflege- und im Gesundheitsbereich habe sich in den letzten Jahren viel getan: Für beide Bereiche sünden im Rahmen des Finanzausgleichs nun 1 Mrd. € zusätzlich zur Verfügung. Warum in Sachen Vermögensteuer nichts weitergehe, ebenfalls ein Thema, das die SPÖ angeschnitten hatte, darauf habe er keine befriedigende Antwort, erklärte Rauch.
NEOS orten erhebliche Schlagseite bei sozialpolitischen Analysen
Von Seiten der Abgeordneten wurde der Sozialbericht unterschiedlich bewertet. Während unter anderem Grünen-Sozialsprecher Markus Koza und die SPÖ-Abgeordneten Alois Stöger und Mario Lindner den umfassenden Bericht ausdrücklich lobten, äußerte NEOS-Abgeordneter Gerald Loacker harsche Kritik an den sozialpolitischen Analysen. Bei diesen handle es sich um keine objektiven Studien, sondern um weitgehend von Fakten befreite „ideologiedurchtränkte Elaborate“, die sich „wie sozialdemokratische Parteipropaganda“ lesen, meinte er. Abgezielt werde auf einen „Turbo-Sozialstaat“, dabei habe Österreich schon jetzt weltweit die höchsten Sozialleistungen. Eine ähnliche ideologische Vorgangsweise ortet Loacker beim einem Beschluss der Alterssicherungskommission: Statt beim Pensions-Langfristgutachten von einer jährlichen Produktivitätssteigerung von 1 % auszugehen, wie eine Studie des IHS nahelege, habe man sich auf Antrag der Arbeiterkammer mit Zustimmung des Vertreters des Sozialministeriums für 1,2 % entschieden.
Grüne: Man muss auch über Reichtum reden
Für Grünen-Sozialsprecher Koza ist die Kritik Loackers nicht nachvollziehbar. Der österreichische Sozialstaat funktioniere gut, er habe aber Lücken und weise manche Schwächen auf, sagte er. Dass Armutsforscher dort hinschauen, sei nicht verwunderlich. Zudem dürfe man, wenn man von Armut rede, nicht über Reichtum schweigen, hob er in Anlehnung eines Zitats hervor. Es brauche mehr Steuergerechtigkeit. Zudem sieht Koza bei der Vermögensverteilung „eine gewisse Problemstellung“. Der Großteil des Vermögens werde in Österreich nicht erarbeitet, sondern vererbt. Im Übrigen obliege es der Politik, welche Vorschläge aus den Analysen aufgegriffen würden, man müsse nicht jeden Vorschlag gutheißen, betonte Koza.
Ähnlich äußerte sich SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch. Es sei „gutes Recht“, dass im Sozialbericht auf bestehende Lücken im Sozialstaat hingewiesen werde, sagte er. Zudem sei es belegt, dass Vermögen in Österreich stärker durch Erbschaften als durch Leistungen wachse und Vermögen und Eigentum ungleich verteilt seien. Auch seien die Reichen in der Krise durch Überförderungen noch reicher geworden.
SPÖ: Regierung hat ihre eigenen Ziele konterkariert
Um gegenzusteuern und mehr Gleichheit bei Vermögen zu schaffen, sehen Muchitsch und sein Parteikollege Alois Stöger die Regierung gefordert. Sozialminister Rauch und seine Vorgänger im Sozialministerium hätten sich in den letzten Jahren bemüht, insgesamt habe die Regierung aber „kontraproduktiv gearbeitet“ und das Ziel, Armut zu verringern, selbst konterkariert, konstatierte Stöger. So sei verabsäumt worden, die Teuerung anzugehen. Weiters forderte er eine Arbeitsplatzgarantie für alle Langzeitarbeitslosen.
Die SPÖ-Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek und Mario Lindner drängten darauf, mehr in Kinder „zu investieren“, wobei Heinisch-Hosek insbesondere das „selektive Bildungssystem in Österreich kritisierte. Es sei lange bekannt, dass Bildung vererbt werde und Kinder aus einkommensschwachen Familien wenig Chancen auf Aufstieg hätten, hielt sie fest.
ÖVP: Österreich hat eines der besten Sozialsysteme der Welt
Von ÖVP-Seite betonte Abgeordneter Ernst Gödl, dass Österreich eines der besten Sozialsysteme der Welt habe. Auch sein Parteikollege Micheal Hammer hob die vielfältigen Unterstützungsleistungen zur Abfederung der Krisen in den letzten Jahren hervor. Im Pflegebereich sehen Hammer und Gödl ebenfalls große Fortschritte: Zwei Pakete seien bereits beschlossen, ein drittes in Vorbereitung.
Als beste Maßnahme, um Armut zu verhindern, sieht Gödl eine aktive Arbeitsmarktpolitik. Hier habe die Regierung sehr viel getan, betonte er. Für eine breite Akzeptanz des Sozialstaats muss ihm zufolge aber auch gewährleistet sein, dass durch Arbeit generiertes Einkommen signifikant höher ist als Zuwendungen aus dem Sozialstaat. Zum Disput über den Sozialbericht selbst merkte Gödl an, die dem Bericht beigefügten Studien seien „interessant zu lesen“, für die Bewertung der Ergebnisse sei aber die Politik zuständig.
FPÖ: Teuerung hat auch bei Mittelstand zu Wohlstandsverlust geführt
„Einiges abgewinnen“ kann FPÖ-Abgeordnete Rosa Ecker der Kritik Loackers, wie sie sagte. Auch sie habe sich beim Lesen des Berichts ihre Gedanken gemacht, meinte sie.
In Bezug auf das Thema Armut sieht Ecker vor allem die Teuerung als großes Problem. Durch die hohe Inflation sei Wohlstandsverlust auch beim Mittelstand eingetreten, das werde „noch lange nachhängen“ und spürbar sein, prophezeite sie. Verantwortlich machte sie dafür insbesondere ein unzureichendes Krisenmanagement der Regierung sowie die Corona-Politik. Es habe viele Hilfen gegeben, diese seien aber unstrukturiert gewesen. Somit sei Geld auch bei jenen angekommen, die es nicht gebraucht hätten.
Sozialminister Johannes Rauch hielt zur Kritik der NEOS fest, im Sozialbericht seien wissenschaftliche Daten verarbeitet worden. Jemandem gefällig zu sein, sei kein Kriterium des Berichts.
Der Bericht wurde vom Sozialausschuss schließlich gegen die Stimmen der FPÖ zur Kenntnis genommen und wird auf Verlangen der SPÖ auch im Plenum diskutiert.
Diskussion über Kindergrundsicherung
Fortgesetzt wurde die Debatte über Kinderarmut bei den Beratungen über einen Entschließungsantrag der SPÖ zum Thema Kindergrundsicherung, der wie alle weiteren Oppositionsanträge vertagt wurde. Geht es nach Eva-Maria Holzleitner und ihren Fraktionskolleg*innen soll die Kindergrundsicherung auf drei Säulen beruhen: Einem Universalbetrag für alle Kinder von zumindest 367 € im Monat, der Bereitstellung kostenloser Infrastruktur inklusive eines Anspruchs auf hochwertige Kinderbetreuung samt gratis Mittagessen und kostenfreier Freizeit- und Ferienangebote sowie zusätzlichen Geldleistungen für einkommensschwache Familien in der Höhe von maximal 27 % des Ausgleichszulagenrichtsatzes. Das wären derzeit 312 € im Monat. Jedes Kind habe das Recht auf ein Aufwachsen ohne finanzielle Sorgen, Kinderarmut sei nicht hinnehmbar, wird der Vorstoß begründet.
Im Rahmen der Debatte rief SPÖ-Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek den Sozialminister dazu auf, wie angekündigt, ein Modell für eine Kindergrundsicherung auszuarbeiten. Viele Alleinerziehende mit Kindern seien von Armut betroffen, machte sie geltend. Im Regierungsprogramm stehe, dass die Regierung Armut halbieren wolle, tatsächlich sei sie zuletzt aber gestiegen.
Als „extrem wichtig“, wertete auch Barbara Neßler die Bekämpfung von Kinderarmut. In diesem Sinn begrüßte sie die geplante Arbeitsgruppe des Sozialministeriums zur Ausarbeitung eines Modells für eine Kindergrundsicherung. Damit werde ein rascher Beschluss durch die nächste Regierung ermöglicht. Neßler zufolge braucht es sowohl Sozial- als auch Geldleistungen, ebenso müssten die Länder in die Pflicht genommen werden.
Dass die Erarbeitung eines Modells zur Kindergrundsicherung – trotz starken Gegenwinds von Seiten der ÖVP – nicht abgeblasen wird, machte Sozialminister Rauch deutlich. Er habe für den 14. Juni zu einem runden Tisch eingeladen, informierte er. Ihm zufolge sind allerdings noch eine ganze Reihe von Fragen zu klären.
Ablehnend zur Kindergrundsicherung äußerte sich ÖVP-Familiensprecher Norbert Sieber. Deutschland sei mit einem derartigen Vorhaben gerade „krachend gescheitert“, meinte er. Dieses sei ein „Bürokratiemonster“ und nicht umsetzbar. Auch für Österreich wäre eine Kindergrundsicherung der falsche Weg, glaubt er. Schließlich habe Österreich bereits zahlreiche Familienleistungen. Zuletzt hatte auch Familienministerin Susanne Raab dem Vorhaben eine Absage erteilt (siehe Parlamentskorrespondenz.
Auch die FPÖ-Abgeordneten Rosa Ecker und Dagmar Belakowitsch zeigten sich skeptisch. Der Antrag der SPÖ sei sehr verwirrend, sagte Belakowitsch. So würde ihrer Meinung nach eine Kindergrundsicherung etwa nichts daran ändern, dass es in Österreich zu wenig Kinderärzt*innen gibt. Zudem lehnte sie es ab, den Familienbonus plus in Frage zu stellen. Ecker bezweifelt, dass eine Kindergrundsicherung die erwünschte Wirkung hätte.
Keine Einigung mit den Ländern auf Inklusionsfonds
Um die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen zu verbessern, drängt die SPÖ darüber hinaus auf die Einrichtung eines Inklusionsfonds, der nach dem Vorbild des Pflegefonds vom Bund und den Ländern gespeist werden soll. Daraus will Abgeordnete Verena Nussbaum unter anderem eine gesetzliche Kranken- und Pensionsversicherung für Personen, die in Behindertenwerkstätten arbeiten, sowie persönliche Assistenz – sowohl für das Berufsleben als auch für den Freizeitbereich – finanzieren. Außerdem ist es ihr und ihrem Fraktionskollegen Mario Lindner ein Anliegen, dass Menschen, die erhebliche Einschränkungen an den oberen Extremitäten haben, leichter zu einem Parkausweis kommen. Auch für diese Personengruppe sei es oft unzumutbar, ein öffentliches Verkehrsmittel zu benutzen, besonders wenn es nicht ausreichend Sitzplätze gebe.
Sowohl Grün-Abgeordnete Bedrana Ribo als auch Sozialminister Rauch wiesen darauf hin, dass man sich bei den Finanzausgleichsverhandlungen mit den Ländern nicht auf einen Inklusionsfonds einigen konnte. Es gebe aber Pilotprojekte zur persönlichen Assistenz und zum Vorhaben „Lohn statt Taschengeld“, betonte Ribo. Sie hoffe, dass sich alle Länder daran beteiligen werden.
Was das Thema Parkausweis betrifft, gab Ribo zu bedenken, dass die Zahl der Behindertenparkplätze nicht mit dem großen Andrang auf Parkausweise mithalte. Es brauche daher ein Gesamtkonzept. Gemäß der geltenden Rechtsprechung seien im Übrigen auch die oberen Extremitäten bei der Gesamtbeurteilung eines Antrags einzubeziehen.
Hinter den SPÖ-Antrag stellte sich FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch. Mit einem Parkausweis könne man auch normale Parkplätze benutzen, hob sie hervor. Für sie ist es außerdem nicht nachvollziehbar, dass Parkausweise teilweise nur für ein halbes Jahr befristet werden.
Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention
Von Seiten der NEOS bekräftigte Fiona Fiedler einmal mehr ihre Forderung, die UN-Behindertenrechtskonvention vollständig umzusetzen. Es brauche einen verbindlichen Stufenplan, um den von einem UN-Fachausschuss ausgesprochenen Handlungsempfehlungen Rechnung zu tragen, mahnt sie, wobei sie unter anderem Mängel bei Unterstützungsleistungen, Barrierefreiheit und der Einklagbarkeit von Rechten ortet. Auch die sprachliche Überarbeitung von Sozial- und Gesundheitsgesetzen, um nicht mehr taugliche Begriffe wie etwa „Findling“, „Irre“ oder „Kretins“ durch zeitgemäße Begriffe zu ersetzen, ist ihr zufolge immer noch ausständig.
In der Debatte erinnerte Fiedler daran, dass Sozialminister Rauch und die Grünen im November 2022 eine Prüfung des Antrags betreffend die sprachliche Überarbeitung von Sozial- und Gesundheitsgesetzen angekündigt hätten. Man könnte wenigstens einen ersten Schritt setzen und die ärgsten Begriffe ersetzen, wenn sich die Prüfung hinausziehe, meinte sie. Dem schlossen sich SPÖ-Abgeordneter Christian Drobits und FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch an.
Von Seiten der Grünen wurde darauf verwiesen, dass sich die eingesetzte Arbeitsgruppe in Kürze wieder treffen werde. Dabei soll auch ein Fahrplan für die Umsetzung der Maßnahmen vorgelegt werden. Das Reichssanitätsgesetz, das die genannten Begriffe enthält, sei sowohl inhaltlich als auch sprachlich überholt und solle insgesamt ersetzt werden. Insgesamt ist laut Abgeordneter Ribo die Sache komplizierter als sie ausschaut, da es auch 150 Jahre Judikatur zu berücksichtigen gelte.
NEOS pochen auf Zusammenführung von Notstandshilfe und Sozialhilfe
NEOS-Abgeordneter Gerald Loacker sprach sich einmal mehr dafür aus, die Notstandshilfe und die Sozialhilfe zu einem gemeinsamen System der sozialen Absicherung zusammenzuführen. Das gegenwärtige System verursache durch unterschiedliche Zuständigkeiten einen hohen bürokratischen Aufwand und sei mit Schikanen für die Betroffenen verbunden, macht er geltend. Diese müssten zu zwei Behörden gehen, um sozial abgesichert zu sein. Zudem beruft er sich auf eine entsprechende Empfehlung des Rechnungshofs aus dem Jahr 2014.
Abgelehnt wurde die Forderung von Markus Koza (Grüne). Den NEOS gehe es in Wahrheit um die Abschaffung der Notstandshilfe, glaubt er. Die soziale Absicherung durch die Notstandshilfe habe in Krisenzeiten aber gut funktioniert. Koza fühlt sich zudem an das deutsche „Harz IV“ erinnert, das nicht nur zu einem starken Niedriglohnsektor in Deutschland geführt, sondern auch als Sprungbrett in den Arbeitsmarkt bei weitem nicht so gut wie erwartet funktioniert habe und mittlerweile reformiert worden sei. Sinnvoll wäre es aber, wenn sich die zuständigen Stellen besser absprechen bzw. koordinieren würden, meinte Koza.
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Quelle: Parlamentskorrespondenz