Ableismus ist ein Wort, das man immer öfter in Diskussionen um Behinderung und Inklusion hört. Viele schreiben gerade jetzt, im Disability Pride Month Juli über “Ableismus”. Aber was bedeutet das Wort eigentlich?
Definition
Der Begriff Ableismus setzt sich zusammen aus: “able”= englisch für “fähig und “ismus” = Wortendung, wird oft für Weltanschauungen oder Diskriminierungsarten verwendet (wie bei Rassismus oder Sexismus)
Ableismus beinhaltet die Annahme, dass Menschen mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen weniger wertvoll sind als Menschen ohne Behinderung und umfasst mehr als reine Behindertenfeindlichkeit. Neben der aktiven Diskriminierung beschreibt der Begriff auch Vorurteile, die es in der Gesellschaft über Menschen mit Behinderungen gibt.
Verschiedene Arten von Ableismus
Institutionell/ Strukturell: Dies beinhaltet alle Systeme, in denen Menschen mit Behinderungen benachteiligt werden, z.B. in Sondereinrichtungen, ausschließenden Strukturen, in Gesetzen, in der Bildung, in der Arbeit oder auch in der Medizin.
Zwischenmenschlich: Menschen mit Behinderungen werden von ihren Mitmenschen diskriminiert, beleidigt, als weniger wertvoll betrachtet, ausgeschlossen oder erleben Gewalt.
Internalisiert: Wenn eine Person bewusst oder unbewusst an die Vorurteile über Behinderung glaubt und diese verinnerlicht (z.B.: Ich bin für andere eine Last).
Wohlwollend: Betrachtet Menschen mit Behinderungen als schwach, bemitleidenswert oder rettungsbedürftig. Dies ist bevormundend und untergräbt die Individualität und Autonomie der Person und verstärkt eine ungleiche Machtdynamik (z.B.: Alle Menschen mit Behinderungen sind immer so dankbar und gutmütig).
Feindselig: Dazu gehören aggressive oder benachteiligende Verhaltensweisen oder Richtlinien, Mobbing, Missbrauch und Gewalt gegenüber Menschen mit Behinderungen.
Ableismus in der Praxis
In der Praxis tritt Ableismus in verschiedenen Formen auf. Z.B. durch:
- Berührungsängste
- “Othering” (Menschen mit Behinderungen sind anders als die anderen)
- abwertende Sprache, z.B. ”behindert” als Schimpfwort (auch wenn es oft nicht mit böser Absicht passiert)
- Benachteiligung am Arbeitsplatz, in der Bildung etc.
- Fehlen von Barrierefreiheit
- den Ausschluss aus der Gesellschaft
- und Vieles mehr
Ableistische Sprache
Sprache bildet Realität. Deshalb ist es wichtig, auf einen behutsamen Umgang mit unserer Sprache zu achten, damit wir Vorurteile nicht weiter reproduzieren. Z.B.:
- Sie leidet an ihrer Behinderung (besser: sie hat eine Behinderung)
- Jemand ist an den Rollstuhl gefesselt (Besser: Jemand nutzt einen Rollstuhl)
- Jemand kann etwas trotz Behinderung (Besser: Jemand macht etwas mit Behinderung)
- behindert als Schimpfwort
- Euphemismen (Beeinträchtigung, Handicap, besondere Bedürfnisse): erzeugt den Eindruck, Behinderung sei etwas Schlechtes, das wir vermeiden sollten
Was können wir gegen Ableismus tun?
Um Ableismus zu überwinden, müssen wir als Gesellschaft Inklusion als etwas Wertvolles erkennen, das uns allen weiterhilft, und nicht als etwas, das eine Last für uns ist. Dazu gehört:
- auf unseren Sprachgebrauch achten
- Inklusion gesetzlich verankern und als Recht anerkennen
- die Exklusion von Menschen mit Behinderungen beenden, z.B. in der Bildung
- Menschen mit Behinderungen volle Teilhabe am gesellschaftlichen Leben z.B. in Bildung, Arbeit, Kultur etc. ermöglichen
Zum Weiterlesen
Anne Gersdorff, Karina Sturm: „Stoppt Ableismus! Diskriminierung erkennen und abbauen.“
Rohwolt Verlag 2024, Softcover 288 Seiten, € 15,00, ISBN: 978-3-499-01187-0
Duden: „Vielfalt. Das andere Wörterbuch. 100 Wörter – 100 Menschen – 100 Beiträge“
Sebastian Pertsch (Herausgeber), 2023. Softcover, 272 Seiten, € 28,00, ISBN: 978-3-411-75601-8
Rebecca Maskos, Mareice Kaiser: „Bist du behindert, oder was? Kinder inklusiv stärken und ableismussensibel begleiten“
Familiar Faces Verlag 2021, Softcover € 19,00, ISBN 978-3-9823681-3-9
Tanja Kollodzieyski: „Ableismus“
Sukultur 2020, Illustriert von SunayaART, € 3,00, ISBN: 9783955661250
von Andrea Strohriegl