Mit der neuen Zusammensetzung der EU-Kommission 2024-2029 wurde entschieden, das Thema Gleichstellung nicht mehr als eigenständiges Portfolio zu behandeln.
Am 17. September 2024 wurde die neue Zusammensetzung der EU-Kommission bekannt gegeben. In der letzten Amtszeit der EU-Kommission gab es eine eigene Kommissarin für Gleichstellung, die sich ausschließlich mit Fragen rund um dem Themenkomplex „Equality“ (Gleichstellung) befasste. Dies war ein bedeutender Schritt, um Themen wie Geschlechtergerechtigkeit, den Schutz von Minderheitenrechten und die Inklusion von Menschen mit Behinderungen ins Zentrum der politischen Agenda der Europäischen Union zu rücken.
Gleichstellung aus Kommissionsportfolios gestrichen
Mit der neuen Zusammensetzung der EU-Kommission 2024 wurde jedoch entschieden, das Thema Gleichstellung nicht mehr als eigenständiges Portfolio zu behandeln ist. Stattdessen wurde es in das breitere Portfolio der Kommissarin für Vorsorge und Krisenmanagement integriert. Voraussichtlich soll Hadja Lahbib aus Belgien EU-Kommissarin für Vorsorge, Krisenmanagement und Gleichstellung werden. Diese Zusammenlegung der Themenkomplexe deutet darauf hin, dass das Thema „Gleichstellung“ nun lediglich als Zusatzaufgabe betrachtet wird und nicht mehr den zentralen Fokus oder die Priorität erhält, die es zuvor hatte.
Das European Disability Forum (EDF) ist äußerst überrascht und enttäuscht über die Herabstufung des Themenkomplex „Gleichstellung“. Dies stellt einen Rückschritt gegenüber den Errungenschaften der vorherigen EU-Kommission im Bereich der Gleichstellung dar.
Der Präsident des EDF, Iannis Vardakastanis, zeigte sich zutiefst enttäuscht und sagte: „Es ist unglaublich, dass im Vorschlag der Kommission ein eigenständiges Portfolio für Gleichstellung fehlt. Wir sind empört über diese ‚Degradierung‘; es ist ein Schlag ins Gesicht für Millionen von Menschen und gefährdet all den Fortschritt, den die Kommission bisher für unsere Rechte erreicht hat.“
Das EDF fordert das Europäische Parlament dringend dazu auf, sich für die Wiederherstellung des eigenständigen Gleichstellungsportfolios einzusetzen.
Gefährlicher Präzedenzfall
Diese Entscheidung könnte laut Kritikern einen gefährlichen Präzedenzfall schaffen. Indem die Gleichstellung in einem breiteren Ressort aufgelöst wird, könnten Themen wie die Rechte von Minderheiten, Frauen oder Menschen mit Behinderungen künftig weniger Priorität erhalten. Dies widerspricht den Zielen, die sich die Europäische Union in den letzten Jahren gesetzt hat, darunter die Förderung der Inklusion und die Bekämpfung von Diskriminierung in all ihren Formen.
Keine Aktualisierung der EU-Strategie für Rechte von Menschen mit Behinderungen
Ein weiterer Kritikpunkt ist das Ausbleiben einer eindeutigen Verpflichtung im Arbeitsprogramm der EU-Kommission, die „EU Disability Rights Strategy“ (EU-Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen) zu aktualisieren. Diese Strategie, die als Leitlinie für die kommende Legislaturperiode dient, bildet den Rahmen zur Verbesserung der Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen in der Europäischen Union und zielt darauf ab, ihre Rechte zu stärken und zu schützen. Das Ausbleiben einer klaren Positionierung der neuen EU-Kommission wird als Rückschritt angesehen und erhöht die Besorgnis, dass die Fortschritte der vergangenen Jahre gefährdet sein könnten.
Service-Link
Pressemitteilung EU-Kommission: Presseerklärung von Präsidentin Ursula von der Leyen zum nächsten Kollegium der Kommissionsmitglieder (europa.eu)
von Victoria Biber