Am 09.10.2024 organisierte das European Disability Forum (EDF) eine Veranstaltung zum European Accessibility Act.
Ziel des Treffens
Mehrere Personen – darunter auch Nicola Onome Sommer in Vertretung für das österreichische EDF-Vorstandsmitglied Victoria Biber (beide vom Österreichischen Behindertenrat) – stellten vor, wie sich ihre Länder darauf vorbereiten, die Maßnahmen des European Disability Acts umzusetzen. Dies unter dem Titel „EAA Peer learning meeting“, also mit dem Ziel, dass die Teilnehmenden voneinander lernen.
European Accessibility Act
Der European Accessibility Act ist eine Europäische Richtlinie über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen.
Unternehmen und Dienstleistende in der Europäischen Union werden verpflichtet, grundsätzlich nur noch barrierefreie Produkte auf den Markt zu bringen. Wobei nicht jedes Produkt und jede Dienstleistung erfasst ist. Der Schwerpunkt liegt Informations- und Kommunikationstechnologie. Sie haben nur noch bis zum 28. Juni 2025 Zeit, um die einheitlichen EU-Anforderungen an die Barrierefreiheit zu erfüllen.
Ima Placencia, Europäische Kommission
Die Vertreterin der Europäischen Kommission berichtete im Vorfeld, dass viele der Fragen, die sie erhalten, sich um E-Commerce und E-Books drehen.
Sie ist sich auch der Problematik bewusst, dass Marktüberwachung für Produkte zwar bereits gut etabliert ist; dieses Regime nun aber auch für Dienstleistungen einzuführen, viele Länder vor Probleme stellt.
Ein weiterer Punkt, den sie erwähnt hat, ist, dass die Europäische Kommission bald mehr Details zu den technischen Standards veröffentlichen wird. Hier geht vor allem darum zu definieren, was ein Produkt bzw. eine Dienstleistung barrierefrei macht. Sie lud auch Expert*innen in diesem Bereich ein, ihre Meinung in die Finalisierung der Standards einzubringen. Das ist insbesondere bemerkenswert, da das Erfüllen dieser technischen Standards in Zukunft die „Vermutung der Konformität“ mit sich bringt. Das bedeutet, dass von einem Produkt oder einer Dienstleistung, die einen solchen Standard erfüllt, angenommen wird, dass es bzw. sie dem Gesetz entspricht.
Emer Begley, Irischer Behindertenverband
Besonders spannende Punkte der Vortragenden des irischen Behindertenrats waren:
- Irische Behindertenverbände sind sehr engmaschig in die Erstellung und Umsetzung des Gesetzes eingebunden. Es wird auch sehr stark auf ihre Expertise zurückgegriffen.
- Anders als in Österreich, wo im Fall von Verstößen eine Maximalstrafe in Höhe von € 80.000 vorgesehen ist, sieht das irische Gesetz auch die Möglichkeit einer Freiheitsstrafe vor. Da Gefängnisstrafen als besonders abschreckend gelten, erhöht sich dadurch der Druck auf die Unternehmen, barrierefreie Produkte und Dienstleistungen anbieten zu müssen, immens.
European Disability Act in Österreich
Der European Disability Act ist eine EU Richtlinie. Er kommt daher nicht direkt zur Anwendung und muss erst in nationales Recht überführt werden. Österreich hat dementsprechend 2023 das Bundesgesetz über Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen (Barrierefreiheitsgesetz – BaFG) erlassen.
Spätestens ab 28.6.2025 muss es eine funktionierende Marktüberwachung geben. In Österreich wird diese Aufgabe das Sozialministeriumsservice übernehmen. In der Landestelle im Bundesland Oberösterreich wird zu diesem Zweck eine eigene Abteilung mit zusätzlichem Personal eingerichtet.
Die Wirtschaftskammer informiert Unternehmen über Förderungen und stellt ihnen Richtlinien, eine Checkliste und Tipps zur Umsetzung zur Verfügung. Diese Informationen werden laufend ergänzt.
Das Bundesministerium für Justiz hat am 8. August ein Rundschreiben an öffentliche Auftraggeber*innen vom mit dem Titel: „Kundmachung des Barrierefreiheitsgesetzes; Information für Auftraggeber:innen“ versandt. Darin werden sie über die neuen Vorgaben informiert, die im Vergabeverfahren zu berücksichtigen sind.
Das EDF interessierte weiters, wie die Konsultationsprozesse im Umsetzungsprozess mit Behindertenorganisationen aussehen und ob es bereits Kampagnen zur Information der Bevölkerung über ihre neuen Rechte gibt.
von Nicola Onome Sommer