Am 23. Jänner 2025 waren Klaus Widl (Präsident Österreichischer Behindertenrat), Mag. Nicola Onome Sommer (Leiterin Kompetenzteam Gesundheit im Österreichischen Behindertenrat) und Bundesbehindertenanwältin Mag. Christine Steger von Prim. em Univ.-Prof. Dr. Johannes Fellinger eingeladen, das Institut für Sinnes- und Sprachneurologie (ISSN), das im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Linz angesiedelt ist, zu besuchen. Im Fokus standen vor allem die Gehörlosenambulanz sowie die Ambulanz für inklusive Medizin (AIM).
Prim. em Univ.-Prof. Dr. Johannes Fellinger (Gründer der beiden Ambulanzen), Prim. Dr. Johannes Hofer (Leiter des Instituts für Sinnes- und Sprachneurologie), OA Dr. Joachim Adl (Leiter der Ambulanz für inklusive Medizin), Mag. (FH) Stefanie Breiteneder (Leiterin Gesundheitszentrum für Gehörlose/Sozialbereich), Heinz Hierzer MAS (Bereichsleiter der Lebenswelt), Paula Moritz M.Sc. (Forschungsinstitut für Entwicklungsmedizin) und Mag. Alexandra Mayer-Weinreich (Assistentin der Institutsleitung) stellten die Ambulanzen und begleitende Angebote vor und gaben einen Einblick in die tagtägliche Arbeit.
Laut Fellinger, dem ehemaligen Vorstand des Instituts für Sinnes- und Sprachneurologie, ist das Ziel der Ambulanz, die Angebote an den Anliegen der Personen auszurichten.
Der Besuch bot einen umfassenden Einblick in verschiedene Bereiche der Ambulanz, aber auch begleitende Angebote, unter anderem in das Kommunikations- und Bildungstraining „Job.com“. Dort werden gehörlose und hörbeeinträchtigte Menschen in Österreichischer Gebärdensprache auf den Arbeitsalltag vorbereitet.
Die Gehörlosenambulanz
Die Gehörlosenambulanz wurde 1993 von Fellinger gegründet und bietet unter anderem eine Anlaufstelle für Menschen, die in Österreichischer Gebärdensprache kommunizieren.
Sie deckt die Bereiche körperliche, seelische und soziale Gesundheit ab. Eine wichtige Säule ist dabei die Sozialarbeit, durch die eine multifaktorielle Begleitung, insbesondere von Kindern und Jugendlichen, geboten wird.
Ambulanz für Inklusive Medizin (AIM)
Das Angebot der AIM richtet sich an Personen ab 18 Jahren mit Lernschwierigkeiten und/oder komplexen Mehrfachbehinderungen. Dort wird ein möglichst barrierefreier Zugang zu allen medizinischen Leistungen des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder geboten. Es bietet eine interdisziplinäre, multiprofessionelle Abklärung, Therapie, Beratung und Begleitung, insbesondere in den Bereichen Neurologie, Neuroorthopädie, Psychologie und diplomierte Pflege.
Hilfe für Menschen mit Behinderungen im medizinischen Bereich
Der Besuch bot auch die Möglichkeit, sich mit Besucher*innen der Ambulanz auszutauschen. Manche nehmen dafür weite Wege in Kauf, wie Besucherinnen erklärten, die über 100 km weit angereist waren. Sie berichteten davon, dass ihre Klientin, die Bewohnerin einer Institution, in einem anderen Spital nicht ernst genommen und von einer Operation abgeraten wurde, da man der Auffassung war, eine solche würde „nichts bringen“. In der Ambulanz für Inklusive Medizin hörten sie zum ersten Mal die Aussage „Schmerzfreiheit ist ein Menschenrecht“ und die Operation konnte durchgeführt werden.
Die Familie eines Patienten mit einer neurologischen Erkrankung beschrieb einen langen und komplizierten Weg zur medizinischen Versorgung, bevor der Mann in der Ambulanz für Inklusive Medizin betreut wurde. Die Angehörigen schätzen, dass es hier keine langen Wartezeiten gebe und dass man ihren Sohn mit viel Verständnis behandeln könne, nämlich auf eine Art, die sich an den Bedürfnissen ihres Sohnes orientiert.
Der Austausch zeigte auf, auf welche Herausforderungen Menschen mit Behinderungen in vielen Bereichen des österreichischen Gesundheitssystems noch immer stoßen.
Wie schon im Positionspapier 2024 festgehalten, fordert der Österreichische Behindertenrat umfassende Barrierefreiheit aller Gesundheitseinrichtungen. Das Basiswissen über Beeinträchtigungsformen sowie Umgang und Kommunikation mit Menschen mit Behinderungen soll in die Ausbildungs- und Fortbildungspläne für medizinische Berufe aufgenommen werden. Beschäftigte in Gesundheitsberufen müssen darin geschult werden, die soziale Perspektive der UN-Behindertenrechtskonvention besser zu berücksichtigen.
Österreichischer Behindertenrat steht zum weiteren Austausch bereit
Der Österreichische Behindertenrat bedankt sich für die Einladung und den gebotenen Einblick. Der Besuch legte den Grundstein für den zukünftigen Austausch zu Bereichen wie Erwachsenenschutzrecht, Selbstbestimmung, Inklusion oder Fortbildungen für Gesundheitspersonal.
Text, Fotos und Video: Andrea Strohriegl