Am 5. Mai 2025 veranstaltete der Österreichische Behindertenrat mit zahlreichen Behindertenorganisationen vor dem Parlament neben der „Baustelle Inklusion“ eine 10-stündige Lesung der UN-Behindertenrechtskonvention.
Da seit der Ratifizierung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen durch Österreich im Jahr 2008 knapp 17 Jahre ins Land gezogen sind und die Konvention noch immer nicht vollumfänglich umgesetzt wurde, schlossen sich Organisationen wie Lebenshilfe Österreich, ÖZIV Bundesverband, Diakonie, Caritas Österreich, Caritas Wien, Dachverband Berufliche Inklusion Austria, Jugend am Werk, KOBV, Ohrenschmaus, BIZEPS – Zentrum für Selbstbestimmtes Leben und der Dachverband der Selbstbestimmt Leben Initiativen Österreich mit dem Österreichischen Behindertenrat zusammen und hielten am Tag Europäischen Tag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen vor dem Parlament eine Marathonlesung der UN-Behindertenrechtskonvention ab. Die Lesung wurde durch kreative Interpretationen der UN-Behindertenrechtskonvention sowie musikalische und schauspielerische Darbietungen ergänzt.
Inklusion ist nach wie vor unfertige Baustelle
Neben der vor dem Pallas Athene-Brunnen eingerichteten Bühne zeigte die „Baustelle Inklusion“ auf, dass es in Österreich noch gravierende Mängel bei der Umsetzung gleichberechtigter Teilhabe von Menschen mit Behinderungen gibt.
Die Baustelle war mit orangen Stoffziegeln, einer Mischmaschine, Scheibtruhen (eine davon mit Holzprothese), Schaufeln, Hämmern und Meißeln, Schöpfkellen und Wasserwaagen sowie Arbeitsschuhen und Gummistiefeln bestückt. Damit wurde symbolisiert, dass auf dem Weg zur Gleichstellung noch kräftig angepackt werden muss.
Eine Konvention, 50 Artikel
Um auf die Bedeutung jedes einzelnen Artikels der UN-Behindertenrechtskonvention hinzuweisen, lasen Vertreter*innen der beteiligten Organisationen aus dem 50 Artikel umfassenden Papier. „Jeder Artikel steht für ein Recht, das Menschen mit Behinderungen zusteht und dennoch zu oft ignoriert wird“, erklärten die Initiator*innen.
Baustelle Inklusion: 1. Lese-Slot des Österreichischen Behindertenrats (PDF)
Baustelle Inklusion: 2. Lese-Slot des Österreichischen Behindertenrats (PDF)
Die Artikel der Konvention wurden nicht nur in deutscher Lautsprache und von der Braille-Zeile, sondern auch in Einfacher Sprache, europäischen Sprachen wie beispielsweise Englisch, Ungarisch, Italienisch, Schwedisch und Französisch sowie Österreichischer Gebärdensprache gelesen. Damit alle Zuseher*innen die einzelnen Texte mitverfolgen konnten, wurden die Artikel auf einem großen Bildschirm eingeblendet und in Österreichische Gebärdensprache gedolmetscht.
Eröffnung der Baustelle Inklusion
Klaus Widl, Präsident des Österreichischen Behindertenrats, erklärte bei der Eröffnung der Veranstaltung: „Wir wollen mit unserer heutigen Aktion darauf hinweisen, dass viele unserer Menschenrechte nach 17 Jahren immer noch nicht umgesetzt wurden. Wir hatten im August 2023 die zweite UN-Staatenprüfung. Wie wir aus den Prüfungsergebnissen und den darauf abgeleiteten UN-Handlungsempfehlungen an Österreich wissen, wurde uns kein gutes Zeugnis ausgestellt. In einigen Bereichen wurde nicht nur Stillstand, sondern sogar Rückschritte aufgezeigt“, verdeutlichte Widl den Status quo.
Der Behindertenrat-Präsident nahm auch Bezug auf die budgetär sehr angespannte Zeit, in der es nicht leichtfalle, die für die Umsetzung von Inklusionsmaßnahmen nötigen finanziellen Mittel sicherzustellen. „Gerade in Zeiten von Budgeteinsparungen ist es wichtiger denn je, die Menschenrechte nicht aus dem Blick zu verlieren, um Menschen mit Behinderungen gut und sicher durch künftige Krisen führen zu können“, so Widl, der vor allem angesichts von Politiker*innen wie beispielsweise Sozialministerin Korinna Schumann, NEOS-Behindertensprecherin Fiona Fiedler sowie Ralph Schallmeiner, Leonore Gewessler, Sigrid Maurer, Nikolaus Kunrath und Joachim Kovacs von den Grünen, die zur Veranstaltung gekommen waren, betonte: „Wir hoffen, dass die neue Bundesregierung nun verantwortungsvoller handelt und endlich einen Prozess zur vollständigen Umsetzung unserer Menschenrechte startet.“
Klaus Widl schloss mit den Worten „Wir werden jedenfalls weiterhin sichtbar und laut bleiben. Und zwar so lange, bis unsere Menschenrechte umgesetzt sind und auch wir eine chancengerechte Zukunft haben!“
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Wir bedanken uns bei allen an der Organisation beteiligten Verbänden, den zahlreichen Leser*innen, Sänger*innen und Performer*innen, den an der Eröffnung und den beiden Leseslots des Österreichischen Behindertenrats beteiligten Mitgliedsorganisationen, dem Ideengeber Ron Pfennigbauer, den Schüler*innen des evangelischen Realgymnasiums Donaustadt, den engagierten Bühnenbauer*innen und Tontechniker*innen, den ÖGS-Dolmetscherinnen und der Schriftdolmetscherin sowie last but not least den zahlreichen Besucher*innen, die Wind und Regen trotzten, um für die Rechte von Menschen mit Behinderungen einzutreten.