Der Österreichische Werberat näherte sich gemeinsam mit dem Österreichischen Behindertenrat dem Themenkreis „Menschen mit Behinderungen“ an und schloss im Mai 2025 nach einem Diskussions- und Meinungsfindungsprozess die Überarbeitung des Ethik-Kodex ab.
„Neben anderen Faktoren wie Sexismus, Alter oder Kinder und Jugend wurde der Ethik-Kodex der österreichischen Werbewirtschaft um einen Bereich zum Thema Menschen mit Behinderungen ergänzt. Dieser wurde in einem partizipativen Prozess von und mit Menschen mit Behinderungen erarbeitet und soll als Leitfaden dienen, wie die Werbung Menschen mit Behinderungen diskriminierungsfrei inkludieren kann“, erörtert Martin Ladstätter, Vizepräsident des Österreichischen Behindertenrats.
Michael Straberger, Präsident des Österreichischen Werberats (ÖWR), betont: „Ziel war es, die diskriminierungsfreien Darstellungsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderungen im Ethik-Kodex abzubilden und somit Werbetreibenden eine wichtige Orientierungshilfe für ihre Werbemaßnahmen zu bieten“, erklärt Gleichzeitig werden allen Werberäten und Werberätinnen ethische Grundregeln bei der Bewertung von Werbemaßnahmen zur Verfügung gestellt.
Menschen mit Behinderungen (Pkt. 2.4. Ethik-Kodex)
Der Themenbereich „Menschen mit Behinderungen“ wird in den Ethik-Kodex eingefügt. Besonderes Augenmerk wird auf folgende Kodex-Punkte gelegt:
- Werbung darf nicht aufgrund von Behinderungen diskriminieren. Zu berücksichtigen sind im Gesamtkontext insbesondere die verwendete Bild-Text- Sprache, Darstellungsweise (Ästhetik, künstlerische Gestaltungselemente, Blickwinkel) und Zielgruppenausrichtung. Auch auf Mehrdeutigkeit in der Sprache ist zu achten.
- Diskriminierende Werbung in Bezug auf Menschen mit Behinderungen (Ableismus) liegt insbesondere vor, wenn
a) Menschen mit Behinderungen auf abwertende, verächtlich machende oder verspottende Weise dargestellt werden;
b) die Gleichwertigkeit von Menschen mit Behinderungen in der Gesellschaft in Frage gestellt wird;
c) Wörter mit Bezug auf Behinderungen auf eine abwertende Weise verwendet werden (z.B. „behindert“ oder „blind“ als Beschimpfung) oder diskriminierende Sprache verwendet wird;
Selbstregulierung im Prozess
Einer der Kernaufgaben des Österreichische Werberats ist es, Entwicklungen und Trends zu erkennen, unterschiedlichen Interessensgruppen zuzuhören und schließlich gemeinsam an Lösungen zu arbeiten.
„Eine Vorgangsweise, die wir im Österreichischen Werberat bereits von Beginn an praktizieren. Wichtig ist dabei stets die aktive Kommunikation auf Augenhöhe mit allen Beteiligten und die breite Information an die werbetreibende Wirtschaft. So können wir als Selbstregulierung bereits vor gesetzlichen Maßnahmen einen wesentlichen Beitrag für ethisch verantwortungsvolle kommerzielle Kommunikation leisten“, erklärt Michael Straberger die gelebte Form der Selbstregulierung, die dem Werberat bereits national und international hohe Akzeptanz und Anerkennung brachte.
Die Erweiterung des Ethik-Kodex „Menschen mit Behinderungen“ wurde nach mehreren Vorgesprächen mit dem Österreichischen Behindertenrat und dessen inhaltlichen Vorschlägen in einer internen Arbeitsgruppe intensiv diskutiert und gemeinsam mit ÖWR-Trägervereinsmitgliedern (MAV, IV, VÖP, DMVÖ) erarbeitet.
Über den Österreichischen Werberat
Der Österreichische Werberat (ÖWR) ist ein unabhängiges Organ des Vereines „Gesellschaft zur Selbstkontrolle der Werbewirtschaft“ und feierte 2024 sein 50-jähriges Jubiläum. Der ÖWR fördert mittels freiwilliger Selbstbeschränkung der österreichischen Werbewirtschaft das verantwortungsbewusste Handeln der Werbewirtschaft und ihr Ansehen in der Öffentlichkeit. Die Zuständigkeit des Werberates erstreckt sich auf alle Maßnahmen im Bereich Wirtschaftswerbung. Im Detail hat der ÖWR die Aufgabe Fehlentwicklungen bzw. Missbräuche in der Werbung zu korrigieren und dient damit sowohl den Konsumentinnen und Konsumenten als auch verantwortungsbewussten Werbeunternehmen.
Ethik-Kodex neu – 2.4. Menschen mit Behinderungen
Präambel
Menschen mit Behinderungen haben ein Recht auf diskriminierungsfreie Darstellung in der Werbung. Die Auseinandersetzung mit dem Thema Behinderung soll eine moderne Haltung zeigen, ohne herabwürdigende Darstellungsweisen stattfinden, keine Vorurteile gegenüber dieser Personengruppe beinhalten und ohne Ableismus stattfinden. Ableismus (von englisch able = fähig) ist eine Form der Diskriminierung gegenüber Menschen mit Behinderungen und beinhaltet die Abwertung und den Ausschluss von Menschen mit Behinderungen auf verschiedenen Ebenen, sowie Vorurteile gegenüber dieser Personengruppe.
Da Werbung die gesellschaftliche Wahrnehmung nicht nur spiegelt, sondern auch maßgeblich prägt, hat sie die Aufgabe, diese vorhandenen Vorurteile nicht weiter zu reproduzieren, sondern die Gesellschaft so divers abzubilden, wie sie ist, und von Diskriminierung abzusehen. Werbung kann damit einen wichtigen Beitrag zu Disability Mainstreaming leisten.
Den dafür zur Bewertung anzuwendenden Referenzrahmen bilden die UN-Behindertenrechtskonvention, insbesondere Artikel 8; Bewusstseinsbildung sowie der Schutz laut Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz.
2.4.1. Werbung darf nicht aufgrund von Behinderungen diskriminieren. Zu berücksichtigen sind im Gesamtkontext insbesondere die verwendete Bild-Text-Sprache, Darstellungsweise (Ästhetik, künstlerische Gestaltungselemente, Blickwinkel) und Zielgruppenausrichtung. Auch auf Mehrdeutigkeit in der Sprache ist zu achten.
2.4.1.1. Diskriminierende Werbung in Bezug auf Menschen mit Behinderungen (Ableismus) liegt insbesondere vor, wenn
a) Menschen mit Behinderungen auf abwertende, verächtlich machende oder verspottende Weise dargestellt werden;
b) die Gleichwertigkeit von Menschen mit Behinderungen in der Gesellschaft in Frage gestellt wird;
c) Wörter mit Bezug auf Behinderungen auf eine abwertende Weise verwendet werden (z.B. „behindert“ oder „blind“ als Beschimpfung) oder diskriminierende Sprache verwendet wird;
d) Gewalt (körperliche, psychische, strukturelle) gegenüber Menschen mit Behinderungen unkontextualisiert dargestellt wird;
e) Personen auf ihre Behinderungen reduziert und dies in den Mittelpunkt der Werbegestaltung gerückt wird
f) Menschen mit Behinderungen als eigene Gruppe dargestellt werden, die sich von Menschen ohne Behinderungen maßgeblich unterscheidet.
g) Vorurteile gegenüber Menschen mit Behinderungen, die sie als weniger wertvoll für die Gesellschaft oder generell weniger (leistungs-)fähig als Menschen ohne Behinderungen darstellen, weiter verfestigt werden;
h) Kinder und Jugendliche mit Behinderungen auf eine Art dargestellt werden, die die Wahrung ihrer (medizinischen) Privatsphäre und Persönlichkeitsrechte verletzt; (siehe 2. Spezielle Verhaltensregeln – Menschen – 2.2. Kinder und Jugendliche)
Service-Links
Werberat: Erweiterung des Ethik-Kodex zum Thema „Menschen mit Behinderungen“
Ethik-Kodex der Österreichischen Werbewirtschaft
Ethik-Kodex der Österreichischen Werbewirtschaft: 2.4. Menschen mit Behinderungen