Der Österreichische Behindertenrat zeigt sich erleichtert, dass der Nationalrat mit dem Erwachsenenschutz-Anpassungsgesetz 2025 die drastischen Verschlechterungen durch das Budgetbegleitgesetz 2025 nun teilweise zurückgenommen hat. Diese Korrektur war überfällig und wird lobend anerkannt. Sie ist ein wichtiger Schritt, darf aber nicht als ausreichende Lösung verstanden werden.
Erfolg durch gemeinsamen Druck
„Dass die Regierung jetzt nach massiver Kritik aus der Zivilgesellschaft reagiert, zeigt: Der politische Druck hat gewirkt“, erklärt Klaus Widl, Präsident des Österreichischen Behindertenrats. Als gesetzlich verankerte Interessenvertretung der Menschen mit Behinderungen in Österreich betont der Behindertenrat, dass diese Entscheidung zeigt, wie wichtig eine starke gemeinsame Stimme und konsequentes Engagement für die Rechte von Menschen mit Behinderungen sind.
Bereits im Juni 2025 hatten Martin Ladstätter, Vizepräsident des Österreichischen Behindertenrats, Julia Moser, Vorsitzende des Unabhängigen Monitoringausschusses, und Volksanwalt Bernhard Achitz im Rahmen einer Pressekonferenz eindringlich vor den geplanten Änderungen im Erwachsenenschutzrecht durch das Budgetbegleitgesetz 2025 gewarnt.
Sie erinnerten daran, dass das 2018 in Kraft getretene 2. Erwachsenenschutz-Gesetz nach massiver Kritik des UN-Ausschusses über die Rechte von Menschen mit Behinderungen aus dem Jahr 2013 in einem partizipativen Prozess entwickelt wurde – ein Prozess, der internationale Anerkennung fand.
„Dass Österreich ausgerechnet jenen international gelobten Prozess der Partizipation abbricht und damit von dem Grundsatz ‚Nichts ohne uns über uns‘ abkehrt, ist vollkommen unverständlich“, so Julia Moser. Auch Martin Ladstätter mahnte, dass kurze Fristen für eine Erneuerung Menschenrechte schützen und die Ausdehnung dieser ohne gute Gründe das Prinzip der Überprüfbarkeit schwäche.
Mehr Mitbestimmung beschlossen
Der Beschluss des Erwachsenenschutz-Anpassungsgesetz 2025 im Nationalrat am 15. Oktober 2025 bringt nun mehr Mitbestimmung im Erwachsenenschutz. Personen, die eine gerichtliche Erwachsenenvertretung haben, sowie ihr soziales Umfeld können künftig ein sogenanntes Clearing anregen, damit ihre Lebenssituation überprüft wird. Diese Möglichkeit im Rahmen des Erneuerungsverfahrens einer Erwachsenenvertretung ist ein wichtiger Fortschritt.
Weiters wurde ein „Sunset Clause“ beschlossen. Die Verpflichtung von Rechtsanwält*innen und Notar*innen gerichtliche Erwachsenenvertretungen zu übernehmen endet also mit 1. Juli 2028. Damit wird der Schutzstandard für Betroffene gestärkt – ein Signal, dass Politik und Zivilgesellschaft gemeinsam Verbesserungen erreichen können.
UN-Behindertenrechtskonvention als Maßstab
Trotz der Korrektur bleibt klar: Die Reform des Erwachsenenschutzes muss sich konsequent an der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) orientieren. Über die Köpfe von Menschen mit Behinderungen hinweg darf keine Politik mehr gemacht werden.
„Wir stehen bereit, im Rahmen der Arbeitsgruppe im Justizministerium die nächsten Schritte gemeinsam zu gehen“, betont Klaus Widl. Ziel ist ein Erwachsenenschutzsystem, das Selbstbestimmung und Unterstützung in Einklang bringt – nicht Fremdbestimmung und Einschränkung.
Ein Schritt in die richtige Richtung
Die Entscheidung des Nationalrats ist ein positives Signal: Sie zeigt, dass Kritik aus der Zivilgesellschaft gehört wird und dass Veränderungen möglich sind, wenn Betroffene und ihre Organisationen konsequent für ihre Rechte eintreten. Der politische Prozess hat sich offen für Dialog gezeigt – ein starkes Zeichen dafür, dass Menschenrechte und Inklusion zunehmend in den Mittelpunkt rücken.
Service-Links
Erwachsenenschutz-Anpassungsgesetz 2025 – ErwSchAG 2025
Pressekonferenz: Behindertenrat, Monitoringausschuss, Volksanwaltschaft zu Erwachsenenschutzrecht