Wie geht man im Österreichischen Behindertenrat damit um, wenn es einen Gewaltvorfall in der Organisation gibt? Welche Prozedere werden wirksam, wenn Mitarbeiter*innen, Kund*innen etc. Opfer von Gewalt werden? Diese und andere Fragen werden in der Gewaltschutzrichtlinie des Österreichischen Behindertenrats geklärt.
Von Gudrun Eigelsreiter
Hier finden Sie eine Kurzzusammenfassung der Gewaltschutzrichtlinie.
Im Zuge einer Gewaltschutzrichtlinie ist es wichtig auch auf die unterschiedlichen, existierenden Formen von Gewalt einzugehen, auch auf jene die weniger offensichtlich sind, aber nicht weniger folgenreich für die Betroffenen.
Personale Gewalt ist eine direkte Form von Gewalt, darunterfallen, psychische, körperliche und sexuelle Gewalt, die von einem oder mehreren Täter*innen ausgeht.
- Psychische Gewalt: umfasst u.a. Einschüchterung, Beleidigungen und Beschimpfungen, Demütigungen wie das Bloßstellen vor anderen, unter Druck setzen, Angst machen, isolieren, etc.
- Körperliche Gewalt: umfasst u.a. Schläge, Klapse, Ohrfeigen, starkes Schütteln, etc.
- Sexuelle Gewalt: umfasst u.a. sexualisierte, übergriffige Sprache, sexualisierte Bezeichnungen oder Benennungen von Personen, unsittliche Berührungen des Körpers einer anderen Person bis hin zur Vergewaltigung und fortdauernden, sexuellen Missbrauch.
Strukturelle Gewalt ist eine indirekte Form von Gewalt, sie weist auf ungleiche (gesellschaftliche) Verhältnisse hin, die Menschen in ihrer Entwicklung hindern wie beispielsweise die institutionelle Gewalt.
- Unter institutionelle Gewalt fallen: u.a. starre Regeln und Verhaltensregeln, wie nur zu bestimmten Zeiten die Erlaubnis zu essen, zu trinken, schlafen zu gehen und aufzustehen, für Körperhygiene, kaum Privatsphäre etc.
Menschen mit Behinderungen, die in Einrichtungen, Heimen und Psychiatrien leben müssen, sind von dieser Gewaltform betroffen. Diese Gewaltform wird durch das Machtgefälle, das zwischen Betreuungs-/Pflegepersonal und den dort betreuten Menschen mit Behinderungen herrscht, begünstigt.
Der Österreichische Behindertenrat setzt sich für Gewaltschutz von Menschen mit Behinderungen auf nationaler und internationaler Ebene ein. Denn Menschen mit Behinderungen tragen ein vielfach höheres Risiko alle Formen von Gewalt – physische, psychische, sexuelle, strukturelle und institutionelle – zu erleben als Menschen ohne Behinderungen. In der Gruppe der Menschen mit Behinderungen sind Frauen, Jugendliche, Kinder sowie LGBTIQ-Personen mit Behinderungen besonders gefährdet Gewalt zu erleben.
Der Verhaltenskodex für alle beim Österreichischen behindertenrat tätigen Personen legt u.a. Folgendes fest
- Gewaltfrei im sprachlichen und körperlichen Umgang zu bleiben.
- Immer im Schutz von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit und ohne Behinderungen auch gegenüber Dritten einzutreten.
- Jede/r Mitarbeiter*in, jede Führungsperson verpflichtet sich, Kinder und Jugendliche sowie Erwachsene mit und ohne Behinderungen nicht zu diskriminieren oder einzuschüchtern.
- Die durch die Position oder das Amt verliehene Macht gegenüber anderen Menschen nicht zu missbrauchen.
- Unpassende, körperliche Annäherungen und Berührungen wie streicheln zu unterlassen.
- Kommunikation: Verbale Annäherungsversuche im Gespräch mit Mitarbeiter*innen, Kund*innen, etc. müssen genauso wie sexualisierte Ausdrücke, Andeutungen oder Anspielungen unterlassen werden.
- Nicht um einen Dienst oder Gefallen zu bitten, der missbräuchlich oder ausbeuterisch ist.
Sensibilisierung
Der österreichische Behindertenrat sorgt dafür, dass all seine Mitarbeiter*innen durch Schulungen Basiskenntnisse über Gewaltprävention und gewaltfreien Umgang erlangen. Alle Mitarbeiter*innen bekennen sich bei Arbeitsantritt im Österreichischen Behindertenrat zu den Menschenrechten, Gewaltfreiheit und den Inhalten der UN-BRK (UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen) und UN-KRK, (UN-Konvention über die Rechte des Kindes), der UN-CEDAW (UN-Konvention zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frauen) und dem BGStG (Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz).
Berichtet werden soll u.a., wenn:
- Gewalt an oder von Mitarbeiter*innen oder dritten Personen, wie Kund*innen oder Gäste mit und ohne Behinderungen beobachtet oder vermutet werden.
- Wenn ein/e Mitarbeiter*in selbst von egal welcher Gewaltform betroffen ist oder war und darüber spricht.
- Wenn ein/e Mitarbeiter*in beschuldigt wird, andere Mitarbeiter*innen oder dritte Personen mit egal welcher Gewaltform bedroht zu haben oder angewendet zu haben.
Fallmanagement und Meldesystem von Verdachtsfällen
Zwei Mitarbeiter*innen übernehmen die Rolle der Gewaltschutzbeauftragten: Mag. Nicola Onome Sommer und Mag. Victoria Biber, LL.M.. Die Verdachtsfälle behandeln sie objektiv und vorurteilsfrei. Jedem Verdacht auf Gewalt gegen Menschen mit und ohne Behinderungen, im Rahmen der Tätigkeit des Österreichischen Behindertenrats wird von den Gewaltschutzbeauftragten nachgegangen. Sie sind mit dem Fallmanagement betraut.
Ausführliche Informationen finden Sie der Gewaltschutzrichtlinie des Österreichischen Behindertenrats (PDF)