Seit der Entstehung des Diversity Balls vor 17 Jahren nimmt sich Ballmutter Monika Haider zum Ziel, denn Ball so inklusiv und barrierearm wie möglich zu gestalten. Auf welche Herausforderungen man dabei stößt und wie das Team rund um den Diversity Ball dennoch versucht, die Barrieren Jahr für Jahr abzubauen, erzählt uns Monika Haider im Interview.
Österreichischer Behindertenrat: Seit wann gibt es den Diversity Ball schon, und was waren die Hintergedanken bei der Entstehung?
Monika Haider: Der Diversity Ball feierte im Jahr 2008 seine Premiere – damals mit rund 300 Besuchenden, die gemeinsam eine funkelnde Atmosphäre erschufen und das Jugendstiltheater am Spiegelgrund in einen magischen Ort der Begegnung verwandelten. Mittlerweile findet der Ball zum 17. Mal statt und wird im Herzen unserer Hauptstadt, im Wiener Rathaus, ausgetragen.
Die Vision war es, einen Ball ins Leben zu rufen, der alle Menschen willkommen heißt – unabhängig von Herkunft, Behinderung, Religion, Geschlecht, Alter oder sexueller Orientierung. Ein Ort, an dem Vielfalt nicht nur akzeptiert, sondern als wertvoller Schatz gefeiert wird. Ein inklusiver, möglichst barrierearmer Raum, der gesellschaftliche Mauern ab- und Brücken zwischen Menschen aufbaut.
Auf den fest verankerten Wurzeln der klassischen Wiener Ballkultur entstand ein Ball, der Tradition mit modernen Diversity-Aspekten verschmilzt und damit ein einzigartiges Fest der Unterschiede und Gemeinsamkeiten schafft.
Der Diversity Ball möchte ein leuchtendes Zeichen setzen: für Zusammenhalt, für Respekt, für gelebte Diversität. Er vereint Vielfalt und Politik, Tanz und Haltung – und steht als strahlendes Gegennarrativ einer Gesellschaft, die allzu oft gespalten erscheint.
ÖBR: Was bedeutet Diversity für euch?
Monika Haider: Für unser kleines inklusives Team bedeutet Diversity, Räume zu schaffen, in denen Menschen mit unterschiedlichen Lebensrealitäten gleichberechtigt teilhaben können. Wir wollen Barrieren sichtbar machen und abbauen – und Begegnungen ermöglichen, die sonst vielleicht nie entstehen würden. Diversity heißt für uns: Alle sind willkommen. Vielfalt sehen wir nicht als Herausforderung, sondern als Stärke und Bereicherung unserer Gesellschaft.
ÖBR: Welche Maßnahmen unternimmt der Diversity Ball, um ihn möglichst barrierefrei für alle Besucher*innen zu gestalten?
Monika Haider: Der Diversity Ball verfolgt ein klares Ziel: möglichst Barrieren abzubauen und die Gestaltung eines Events an dem alle Besuchenden teilhaben können. Dafür wurde für die Durchführung im Rathaus ein umfassendes Konzept entwickelt. Anstelle der von den Behörden 17 zugelassenen Rollstuhlnutzer*innen können bis zu 70 teilnehmen – möglich durch zusätzliche Fluchtwege, drei zusätzlich barrierefreie WCs und geschultes Assistenzpersonal.
Vor der Hauptbühne sorgt eine Induktionsanlagen dafür, dass Menschen mit Hörgeräten das Programm erleben können.
Ein Highlight heuer ist der Deaf Beat Club mit einer erhöhten Anzahl an Subwoofern, durch welche die Musik über den Körper spürbar wird – bekannte lokale Techno-Größen werden dort auflegen.
Im Arkadenhof stehen Vibrationswesten zum Ausleihen zur Verfügung, um Musik körperlich spürbar zu machen.
Die Dunkelbar, an der sehbehinderte Menschen Cocktails ausschenken, ist jedes Jahr ein Publikumsmagnet. Um die Wartezeit davor zu nutzen, wurde die Ausstellung „World Unseen“ von Canon platziert, in der die Bilder ertastet, Beschreibungen akustisch gehört oder in ÖGS vermittelt werden können.
Neu ist die Karaokebar mit Musik-Gebärden, bei der Songs nicht nur gesungen, sondern auch gebärdet werden.
Damit Besucher*innen leichter ins Gespräch kommen, gibt es zudem das „Anbandlspiel“: Jede Eintrittsnummer ist 20 Mal vergeben und lädt dazu ein, die Nummernpartner*in zu finden und andere Gäste kennenzulernen. Finden sich ein Nummernpaar laden wir diese auf einen Cocktail ein.
Wer Unterstützung möchte, kann jederzeit auf persönliche Assistenzen, Communication Angels oder geschultes Sicherheitspersonal zurückgreifen.
ÖBR: Auf welche Herausforderungen stößt man bei der Barrierefreiheit bei so großen Veranstaltungen wie dem Diversity Ball?
Monika Haider: Bei einer Großveranstaltung wie dem Diversity Ball bringt Barrierefreiheit viele besondere Herausforderungen mit sich:
- Sicherheitsauflagen: Damit mehr Menschen im Rollstuhl teilnehmen können, müssen zusätzliche Fluchtwege eingeplant werden. Das bedeutet automatisch weniger verkaufte Tickets und höhere Kosten.
- Infrastruktur: Barrierefreie Toiletten, Induktionsanlagen oder Fluchtwege müssen eigens eingebaut oder ergänzt werden – das erfordert Planung, Budget und technisches Know-how.
- Personal: Es braucht speziell geschulte Mitarbeiter*innen, persönliche Assistenz, gebärdensprachige Assistent*innen und Sicherheitspersonal, dass auf die Bedürfnisse aller Gäste vorbereitet ist.
- Logistik & Umbauten: Mobile Lösungen wie Vibrationswesten, zusätzliche Rampen oder taktile Ausstellungen müssen transportiert, aufgebaut und barrierefrei zugänglich gemacht werden.
- Finanzierung: Viele Maßnahmen sind kostenintensiv, bringen aber keine direkten Einnahmen – sie werden ausschließlich für mehr Teilhabe umgesetzt. Trotz dieser Herausforderungen ist der Diversity Ball überzeugt: Möglichste Barrierefreiheit ist keine „Zusatzleistung“, sondern Grundvoraussetzung dafür, dass Vielfalt wirklich gelebt werden kann.
ÖBR: Welche Maßnahmen werden für die Inklusion von gehörlosen Personen beim Ball getroffen?
Monika Haider: Für gehörlose Besucherinnen gibt es beim Diversity Ball eine Reihe spezieller Maßnahmen, damit sie das Programm aktiv und vielfältig miterleben können. Neben dem bereits erwähnten Deaf Beat Club, den Vibrationswesten und der Karaokebar mit Musik-Gebärden wird es wieder Gebärdensprachdolmetschung (ÖGS und Musikgebärden) bei den zentralen Programmpunkten und auf der Hauptbühne geben. Es sind sieben Dolmetscherinnen gebucht. Bei der Ausstellung „World Unseen“ gibt es eine barrierefreie Vermittlung, die Bildbeschreibungen sind auch in ÖGS abrufbar. Gekennzeichnete Assistent*innen (sogenannte Communication Angels) können in ÖGS Auskunft geben. Und die Getränkekarten an den Bars sind in ÖGS abrufbar.
ÖBR: Welche Highlights erwarten die Besucher*innen dieses Jahr?
Monika Haider:
- Sechs Bühnen (Floors) im Wiener Rathaus bieten ein äußerst vielfältiges Programm und versprechen für jeden Geschmack etwas: Deaf Beat Club, Diversity Ballroom, Drag Queen – Glam Chamber, Mainstage, Mel Merio’s Lovemore Floor sowie Karaokebar mit Musikgebärden.
- Rund100 Künstler*innen sorgen für eine grandiose Vielfalt in Musik, Tanz und Performance.
- Einer der Weltstars des Abends ist Conchita Wurst, deren Auftritt ein starkes Signal für Vielfalt, Respekt und gesellschaftliche O]enheit ist – ein absoluter Höhepunkt im Line-up.
- Das Line-up umfasst nationale und internationale Acts, die musikalisch von Schlager bis Techno und Brasilianischen Rhythmen reichen – musikalisch ist für alle gesorgt.
- Erstmals gibt es Mitternachtstickets, ideal für alle, die spontan noch Teil des Balles werden möchten – ein neues flexibles Angebot.
Das gesamte Bühnenprogramm sowie all unsere Specials findet sich auf unserer Website. Tickets können ebenfalls dort erworben werden.
Service Link:
Mehr Infos zum Diversity Ball findet ihr auf https://www.diversityball.at/