Das Europäische Semester ist der Rahmen für die Koordinierung der Wirtschafts-, Haushalts-, Beschäftigungs- und Sozialpolitik in der Europäischen Union. Die EU-Kommission gibt darin vor, welche wirtschaftlichen und sozialen Prioritäten die Mitgliedsstaaten verfolgen sollten. Alles steht unter dem Schirm folgender Ziele:
- nachhaltiges Wirtschaftswachstum
- Schaffung neuer Arbeitsplätze
- makroökonomische Stabilität
- solide öffentliche Finanzen in der EU
Das Frühjahrs-Paket (Spring Package) der EU-Kommission ist Teil des Europäischen Semesters. In diesem Jahr stand das Thema Behinderung stärker im Fokus als in den letzten Jahren. Zwei der wichtigsten Elemente des Frühjahr-Pakets sind die länderspezifischen Berichte (Country Reports) und die länderspezifischen Empfehlungen (Country-Specific Recommendations).
Das Europäische Behindertenforum (EDF) hat das Frühjahrs-Paket des Europäischen Semesters analysiert und stellt dabei ein deutliches Wachstum an Verweisen auf das Thema Behinderung fest. Es kommt kaum vor, dass in den Empfehlungen der EU-Kommission auf eine spezifische Personengruppe verwiesen wird, wie beispielsweise auf Menschen mit Behinderungen. Das zeigt, dass die EU-Kommission den bestehenden Handlungsbedarf zunehmend erkennt – und die Mitgliedsstaaten verstärkt in die Verantwortung nimmt, Missstände im Bereich der Inklusion von Menschen mit Behinderungen nicht länger zu ignorieren. Dies ist auch das Ergebnis der kontinuierlichen Arbeit und Bewusstseinsbildung von Organisationen für und von Menschen mit Behinderungen.
Das EDF geht in seiner Analyse auch auf den Länderbericht und Empfehlungen zu Österreich ein, folgendes wurde erwähnt:
Pflege
In Österreich nannten im Jahr 2024 mehr als 40 % der Frauen die Pflege von Erwachsenen mit Behinderungen oder Kindern als Grund für eine Teilzeitbeschäftigung. (Dies liegt auch in Österreich vor allem auch am Mangel von zugesprochener, persönlicher Assistenz.)
Gesundheit
Es wird erwartet, dass die haushaltspolitischen Risiken zunehmen, einschließlich der Gesundheitsausgaben aufgrund von Hitzestress, verlängerten Allergiesaisonen und neuen Infektionskrankheiten. Diese Gesundheitsrisiken betreffen unverhältnismäßig stark gefährdete Bevölkerungsgruppen, einschließlich älterer Menschen, schwangeren Frauen, Kindern und Personen mit chronischen Krankheiten oder Behinderungen. (Der Klimawandel und die mit ihm verbundenen immer heißeren Sommermonate – auch in Österreich – treffen Menschen mit Behinderungen überproportional stark. Genauso wie das höhere Risiko für Katastrophen wie durch Starkregen hervorgerufene Flutkatastrophen, Murenabgänge, etc. Leider sind die Katastrophenschutzpläne und Notrufsysteme größtenteils noch nicht auf Menschen mit Behinderungen ausgerichtet. Auch der Österreichische Behindertenrat weist immer wieder auf diese Missstände hin).
Beschäftigung
Eine Verbesserung der Arbeitsmarktteilnahme und Integration von geringqualifizierten Arbeitskräften, älteren Menschen, Menschen mit Migrationshintergrund und Menschen mit Behinderungen könnte die Verengung des Arbeitsmarktes verringern. Im Jahr 2023 erhöhte sich die Beschäftigungslücke zwischen Menschen mit und ohne Behinderung auf 26,1 Prozentpunkte. Trotzdem hat Österreich noch keine Ziele für die bezahlte Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen festgelegt.
Armut und soziale Ausgrenzung
Obwohl unter dem EU-Durchschnitt, waren in Österreich dennoch 21,5 % der Menschen mit Behinderungen im Jahr 2022 von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht.
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von Gudrun Eigelsreiter