Ein Urteil des EuGH (Gerichtshof der Europäischen Union) vom 11. September bekräftigt, dass der Schutz vor Diskriminierung am Arbeitsplatz aus Gründen der Behinderung auch Diskriminierung „durch Assoziation“ umfassen muss (Link: Discrimination at work: the rights of persons with disabilities to protection against indirect discrimination extend to parents of children with disabilities ). Das bedeutet, dass Arbeitgeber*innen verpflichtet sind, die Arbeitsbedingungen für Mitarbeiter*innen, die für die Betreuung von Kindern mit Behinderungen verantwortlich sind, anzupassen.
Der Fall wurde dem EuGH vom italienischen Kassationsgericht vorgelegt. Er betrifft eine Klage einer Bahnangestellten in Italien, die von ihrem Arbeitgeber feste Arbeitszeiten beantragt hat, um die Pflege ihres Sohnes mit Behinderungen zu organisieren. Es wurden jedoch nur vorübergehende Regelungen getroffen. Der Arbeitgeber weigerte sich diese dauerhaft zu machen. In der Bewertung des Falls stellte der EuGH fest, dass die „EU-Richtlinie über die Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf“ solche Formen der indirekten Diskriminierung abdeckt. Dies gilt daher auch für Arbeitnehmer*innen, die diskriminiert werden, weil sie ihr Kind mit Behinderungen betreuen müssen.
Das Europäische Behindertenforum (EDF) begrüßt diese Entscheidung. Denn sie schafft einen klaren Präzedenzfall zur Unterstützung für Eltern von Kindern mit Behinderungen, um ein besseres Gleichgewicht zwischen ihrem Berufsleben und ihren elterlichen Verpflichtungen zu erreichen. Es ist besonders bedeutend für Mütter und Frauen, da sie statistisch gesehen viel häufiger die Verantwortung für die Pflege von Kindern mit Behinderungen übernehmen und infolgedessen vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen werden.
Neben Arbeitsplatzanpassungen und Schutz vor indirekter Diskriminierung betont das EDF auch die Notwendigkeit von staatlich finanzierten häuslichen Unterstützungsangeboten. Einerseits um Familien bei der Bewältigung der Betreuung von Kindern mit Behinderungen zu helfen, adererseits soll die Verfügbarkeit von barrierefreien, leistbaren, gemeindenahen Unterstützungsdiensten verhindern, dass Kinder mit Behinderungen in Einrichtungen untergebracht werden.