Der Tag des weißen Stocks ist ein internationaler Aktionstag, der seit 1964 begangen wird. Er steht für Selbstständigkeit, Sicherheit und Inklusion blinder Menschen – das weiße Symbol des Stocks gilt weltweit als Zeichen für Blindheit und Sehbehinderung.
In Österreich beteiligen sich jedes Jahr zahlreiche Organisationen an der Woche des Sehens, um mit Veranstaltungen, Informationskampagnen und Begegnungsaktionen auf Barrierefreiheit, Inklusion und Augengesundheit aufmerksam zu machen.
200 Jahre Brailleschrift – eine Revolution des Lesens
Vor genau 200 Jahren, im Jahr 1825, entwickelte der damals 16-jährige Louis Braille ein System aus erhabenen Punkten, das blinden Menschen das Lesen und Schreiben mit den Fingern ermöglicht – die Brailleschrift.
Diese Erfindung war eine Revolution des Lesens – sie öffnete den Zugang zu Bildung, Literatur und gesellschaftlicher Teilhabe. Heute gibt es Braille in nahezu allen Sprachen der Welt, und moderne Hilfsmittel wie Braille-Displays und taktile Grafiken bauen direkt auf dieser bahnbrechenden Entwicklung auf.
Das Jubiläum „200 Jahre Brailleschrift“ ist deshalb weit mehr als ein historischer Rückblick: Es ist ein Symbol für Selbstbestimmung, Bildungsgerechtigkeit und Inklusion – Themen, die auch in Österreich im Mittelpunkt der Woche des Sehens 2025 stehen.
Einen weiteren Grund zum Feiern gibt es in diesem Jahr: Die Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen Österreichs begeht ihr 90-jähriges Bestehen. Seit 1935 begleitet sie Menschen mit Sehbehinderung in allen Lebensphasen – mit Beratung, Rehabilitationsangeboten, sozialer Unterstützung und politischer Interessenvertretung.
Wie der Blinden- und Sehbehindertenverband Österreich (BSVÖ) ist auch die Hilfsgemeinschaft eine Mitgliedsorganisation des Österreichischen Behindertenrats. Beide Organisationen setzen sich aktiv im Netzwerk des Behindertenrats für die Rechte, Teilhabe und Chancengleichheit blinder und sehbehinderter Menschen in Österreich ein.
Ebenfalls Mitglied des Österreichischen Behindertenrats ist der Verein Blickkontakt – Interessengemeinschaft sehender, sehbehinderter und blinder Menschen. Der Verein engagiert sich für Begegnung, Bewusstseinsbildung und gesellschaftliche Teilhabe blinder, sehbehinderter und sehender Menschen und setzt damit ein starkes Zeichen für Inklusion im Alltag.
Erich Schmid über die Bedeutung der Brailleschrift
Prof. Mag. Erich Schmid ist Vizepräsident des Österreichischen Behindertenrats und 2. Obmannstellvertreter des Blinden- und Sehbehindertenverbands Wien, Niederösterreich und Burgenland (BSVWNB). Als langjähriger Lehrer am Bundes-Blindenerziehungsinstitut (BBI) und engagiertes Mitglied der Braille-Schriftkommission prägt er seit Jahrzehnten die Entwicklung der inklusiven Bildung in Österreich. In einem Interview mit dem Blindenverband beschreibt er eindrucksvoll, wie stark die Brailleschrift die Selbstbestimmung blinder Menschen geprägt hat:
„Braille ist weit mehr als ein Lesesystem – sie ist der Schlüssel zu Bildung, Information und damit zur gesellschaftlichen Teilhabe. Wer lesen kann, kann denken, mitreden, mitgestalten.“
(Interview „Sechs Punkte – eine ganze Welt“)
Schmid betont, dass auch im digitalen Zeitalter die Punktschrift unersetzlich bleibt: Sie sei „die Basis für Lese- und Schreibkompetenz“ und bilde das Fundament, auf dem barrierefreie Kommunikation aufbaut. Mit Projekten wie dem „Universal-Braille-Trainer“, einem Lernprogramm zur Schulung der Blindenschrift, leistet er einen wichtigen Beitrag zur Förderung von Bildungschancen.
Auch in der Radiosendung „Barrierefrei aufgerollt“ spricht Erich Schmid über die Zukunft der Brailleschrift und ihren Platz in einer inklusiven Gesellschaft.
Thema Braille bei der Baustelle Inklusion
Erich Schmid sprach auch bei der 10-stündigen Lesung der UN-Behindertenrechtskonvention vor dem Parlament über die Braille-Schrift.
Veranstaltungen und Aktionen rund um die Woche des Sehens 2025
Tag der offenen Tür im August-Wurzer-Haus
8. Oktober 2025, Klagenfurt
Der Blinden- und Sehbehindertenverband Kärnten (Gutenbergstraße 7, 9020 Klagenfurt) öffnet seine Türen und zeigt neue Wege zur beruflichen Inklusion von blinden und sehbehinderten Menschen. Besucher*innen können sich über Ausbildung, Technik und Unterstützungsangebote informieren.
Jubiläum 90 Jahre Hilfsgemeinschaft
Im Rahmen des 90-jährigen Bestehens lädt die Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen Österreichs, Mitglied im Österreichischen Behindertenrat,zu Feierlichkeiten in mehreren Bundesländern ein.
7. Oktober 2025, Graz – Jubiläumsfest am Standort Graz
Der neue Standort Graz der Hilfsgemeinschaft feiert sein einjähriges Bestehen im Zeichen des 90-Jahr-Jubiläums. Besucher*innen erwartet ein Nachmittag mit Musik, Begegnung und Gesprächen rund um das Thema gelebte Inklusion.
9. Oktober 2025, Jubiläumsfest am Standort Linz
Das Jubiläumsfest im Beratungszentrum Linz (Anzengruberstraße 6, 4020 Linz) bietet ein buntes Programm mit Musik, Rückblicken und Begegnungen.
Anmeldung: Tel. 0732 / 29 29 20-402 oder linz@hilfsgemeinschaft.at
17. Oktober, 22. November und 13. Dezember 2025: REMASSURI mit Audiodeskription in Wien
Die Hilfsgemeinschaft lädt zur Musikrevue „REMASSURI“ mit Live-Audiodeskription ins stadtTheater Walfischgasse (1010 Wien) ein. Die Audiodeskription ermöglicht blinden und sehbehinderten Menschen, das Bühnengeschehen akustisch mitzuerleben.
5. Dezember 2025 – Vocalodie-Konzert
Das Vokalensemble Vocalodie gestaltet im Jubiläumsjahr in der mdw (Anton-von-Webern-Platz 1, 1030 Wien) ein festliches Adventkonzert.
Im Rahmen des 90-jährigen Bestehens lädt die Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen Österreichs zu weiteren Feierlichkeiten in mehreren Bundesländern ein.
7. Oktober 2025, Graz – Jubiläumsfest am Standort Graz
Der neue Standort Graz der Hilfsgemeinschaft feiert sein einjähriges Bestehen im Zeichen des 90-Jahr-Jubiläums. Besucher*innen erwartet ein Nachmittag mit Musik, Begegnung und Gesprächen rund um das Thema gelebte Inklusion.
Laufende Aktionen in Wien, Linz und Graz
Begleitend zu den Festakten bietet die Hilfsgemeinschaft Informationsveranstaltungen, Beratungstage und kulturelle Begegnungen an. Damit wird das Jubiläumsjahr österreichweit gefeiert – mit dem Ziel, Bewusstsein zu schaffen und Begegnung auf Augenhöhe zu fördern.
Veranstaltungskalender der Hilfsgemeinschaft
Ausstellung „Die Sprache der Punkte – 200 Jahre Brailleschrift“
13. bis 17. Oktober 2025, Innsbruck
Das Blinden- und Sehbehindertenzentrum Tirol (Amraser Straße 87, 6020 Innsbruck) lädt zu einer interaktiven Ausstellung ein. Besucher*innen können Brailleschrift mit allen Sinnen erleben, ihre Geschichte entdecken und moderne Hilfsmittel kennenlernen.
Öffnungszeiten: Montag bis Freitag, 9:00–12:00 Uhr, nachmittags nach Vereinbarung
Abendveranstaltung zum Tag des weißen Stocks
15. Oktober 2025, Innsbruck
Am Tag des weißen Stocks erwartet Sie im Blinden- und Sehbehindertenzentrum Tirol ab 17:30 Uhr ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm, das Begegnung, Austausch und spannende Einblicke bietet.
Um 17:45 Uhr beginnt die Lesung „Aufzeichnungen einer Blinden“ mit Anita Ager und Verena Covi. Um 18:45 Uhr beginnt der Vortrag „Lesende Hände – 200 Jahre Brailleschrift“ von Dipl.-Päd. Klaus Guggenberger. Musikalisch umrahmt wird der Abend von MaWieHold! – Maria Ma (Hackbrett) und Sebastian Wiesflecker (E-Gitarre)
World Sight Day – 9. Oktober 2025
Am 9. Oktober 2025 wird weltweit der World Sight Day (Welttag des Sehens) begangen. Dieser internationale Aktionstag der International Agency for the Prevention of Blindness (IAPB) steht 2025 unter dem Motto „Love Your Eyes“ und ruft dazu auf, Augengesundheit als Teil der allgemeinen Gesundheitsvorsorge ernst zu nehmen.
Der World Sight Day ergänzt die österreichische Woche des Sehens: Während in Österreich der Fokus auf Inklusion, Barrierefreiheit und Teilhabe liegt, betont der internationale Aktionstag die Vorsorge, Früherkennung und Behandlung vermeidbarer Sehbehinderungen weltweit.
Viele österreichische Organisationen – darunter die Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen Österreichs und der Blinden- und Sehbehindertenverband Österreich (BSVÖ) – greifen das Motto auf, um auch hierzulande auf die Bedeutung regelmäßiger Augenuntersuchungen und präventiver Maßnahmen aufmerksam zu machen.
Hintergrund
Die Woche des Sehens ist eine österreichweite und internationale Bewusstseinskampagne, die von Blindenverbänden, der Hilfsgemeinschaft, Fachärzt*innen, Hilfswerken und Selbstvertretungsorganisationen getragen wird.
Sie verfolgt drei zentrale Ziele:
- Aufklärung über vermeidbare Erblindung und Augenerkrankungen
- Sensibilisierung für die Lebenssituation blinder und sehbehinderter Menschen
- Förderung der Inklusion in Bildung, Arbeit und Gesellschaft
Im Jubiläumsjahr 2025 stehen die Themen Brailleschrift, Selbstbestimmung und Augengesundheit im Mittelpunkt. Gemeinsam setzen der Blinden- und Sehbehindertenverband Österreich (BSVÖ), die Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen Österreichs und der Österreichische Behindertenrat ein starkes Zeichen für eine inklusive Zukunft, in der niemand ausgeschlossen wird.
Ausstellung „200 Jahre Blindenschrift“ im Bundes-Blindenerziehungsinstitut
23. Oktober 2025, 18:30 Uhr, Wien
Das Bundes-Blindenerziehungsinstitut (Schellinggasse 13, 1010 Wien) lädt anlässlich des Jubiläums 200 Jahre Blindenschrift zu einer feierlichen Ausstellungseröffnung ein. Die Schau würdigt das Lebenswerk von Louis Braille und zeigt die Bedeutung seiner Erfindung für Bildung, Kultur und Selbstbestimmung – von den Anfängen bis in die Gegenwart.
Begrüßung: Bezirksvorsteher MMag. Markus Figl
Eröffnung: Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA
Musikalische Begleitung: Kristina Ivanović, Florian Angerer und der Chor des Bundes-Blindenerziehungsinstituts
Einlass: ab 17:00 Uhr, Beginn: 18:30 Uhr
Ort: Schellinggasse 13, 1010 Wien, Anmeldung: bis 17. Oktober 2025 unter sekretariat@bbi.at
Weitere Informationen: www.bbi.at