Mit großer Betroffenheit und tiefem Respekt nehmen wir Abschied von Prof. Mag. Erich Schmid, der am 3. Dezember 2025 im Alter von 70 Jahren verstorben ist. Sein Leben war geprägt von einem außergewöhnlichen Engagement für blinde und sehbehinderte Menschen, für Bildung, Brailleschrift, Barrierefreiheit und Inklusion.
Erich Schmid wurde in Wien geboren und war von Geburt an blind. Am Bundes-Blindenerziehungsinstitut – jener Schule, an der er selbst unterrichtet wurde – begann er 1976 seine Lehrtätigkeit. Mehr als vier Jahrzehnte lang begleitete er dort Kinder und Jugendliche auf ihrem Bildungsweg. Seine Expertise reichte von Deutsch und Musik bis zu Religion, Informatik und der Blindenlehrerausbildung. Er entwickelte neue Unterrichtskonzepte, unterstützte die Entstehung professioneller IT-Trainer*innen-Programme und setzte sich dafür ein, Braille mit moderner Computertechnik zu verbinden. Sein Ziel war stets, jungen Menschen jene Kompetenzen zu vermitteln, die ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen.
Die Weiterentwicklung der Brailleschrift war ein zentraler Bestandteil seines Wirkens. Bereits in jungen Jahren beschäftigte er sich intensiv mit der Kurzschriftreform 1974 und analysierte Fehler in frühen Computer-Braille-Übertragungen. Als Vorsitzender der Österreichischen Brailleschrift-Kommission und als Vertreter im Brailleschrift-Komitee der deutschsprachigen Länder trug er maßgeblich dazu bei, Normen und Standards zu verbessern, die Lesbarkeit zu erhöhen und Braille auch im digitalen Zeitalter als unverzichtbare Bildungssäule zu stärken. Sein Wissen, seine Sorgfalt und seine Beharrlichkeit machten ihn national und international zu einer anerkannten Stimme.
Seit 2016 wirkte Erich Schmid als Vizepräsident des Österreichischen Behindertenrats. Präsident Klaus Widl würdigt sein Wirken mit den Worten: „Erich Schmid hat über Jahrzehnte unermüdlich daran gearbeitet, blinden und sehbehinderten Menschen Zugang zu Bildung, Technik und Teilhabe zu sichern. Sein tiefes Fachwissen und seine Menschlichkeit haben unsere Arbeit bereichert und viele Entwicklungen möglich gemacht.“
Viele Kolleg*innen, Wegbegleiter*innen und Schüler*innen verbinden mit ihm nicht nur seine Expertise, sondern auch seine Ruhe, seine Warmherzigkeit und seine Fähigkeit, komplexe Inhalte verständlich und zugänglich zu machen. Klaus Widl hält überdies fest: „Wir verlieren mit Erich Schmid einen wegweisenden Experten, einen engagierten Vizepräsidenten und einen geschätzten Menschen, der die Behindertenbewegung in Österreich nachhaltig geprägt hat. Seine Haltung und sein Einsatz werden uns weiter begleiten.“
Unsere Gedanken sind bei seiner Familie und allen, die um ihn trauern.
Erinnerungen an Erich Schmid
Erich Schmids über den UNIKATE Ideenwettbewerb für und mit Menschen mit Behinderungen
Seit 14 Jahren zeichnet die UNIQA Stiftung gemeinsam mit dem Österreichischen Behindertenrat und der TU Wien im Rahmen des Ideenwettbewerbs UNIKATE innovative Projekte von Schüler*innen und Studierenden aus, die Menschen mit Behinderungen das Leben erleichtern. So entstehen Lösungen, die nicht nur Technik, sondern auch Menschlichkeit in den Mittelpunkt stellen.
Erich Schmid begleitete das Projekt „UNIKATE“ über viele Jahre. Die UNIKATE seien „für Menschen mit Behinderung so wertvoll. An ihnen lässt sich zeigen, dass es Möglichkeiten gibt, kreativ etwas für Menschen mit Behinderung zu tun“, so Erich Schmid in einem am 3. Dezember 2025 ausgestrahlten Video.
Erich Schmid über Braille
Am 5. Mai 2025 veranstaltete der Österreichische Behindertenrat mit zahlreichen Behindertenorganisationen vor dem Parlament neben der „Baustelle Inklusion“ eine 10-stündige Lesung der UN-Behindertenrechtskonvention, anlässlich des Europäischen Protesttags für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen.
Erich Schmid sprach über Braille und las aus der UN-Behindertenrechtskonvention.
Erich Schmids Rede beim Unesco Talk zu Technologie und Bildung
Welche Chancen und Herausforderungen sich durch den Einsatz digitaler Technologien ergeben, wie allen Menschen Zugang zu digitalen Inhalten gewährt werden kann und wie diese Inhalte inklusiv und chancengerecht gestaltet werden können, wurde am 16. Mai 2023 auf Einladung der Österreichischen UNESCO Kommission in der Kassenhalle der Österreichischen Postsparkasse in Wien diskutiert. Im Panel III ging es in erster Linie darum, wie sich Technologie und Grundrechte vereinbaren lassen.
Erich Schmid lieferte für die Vor- und Nachteile von Technologie folgendes Beispiel: „Ich bin blind. Als ich ins Gymnasium ging, gab es für Menschen, die sehen, bereits die ersten Schulbücher. Ich musste mir die Schulbücher der wichtigsten Gegenstände wie Mathematik und Fremdsprachen noch diktieren lassen und abschreiben. Später kamen Schulbücher auch für Menschen mit Blindheit oder mit Vergrößerung für Menschen mit Sehbehinderung auf den Markt, und später die sogenannten digitalen Schulbücher. Wunderbar, es gab wesentlich mehr Angebot. Heute haben wir ein riesiges Angebot, alles auf Webseiten, und jeder Verlag verwendet seine eigene digitale Oberfläche. Das heißt, der zehnjährige Schüler, die zehnjährige Schülerin muss sich mit zig unterschiedlichen Web-Oberflächen auseinandersetzen.“
Technologie könne sehr vieles einfacher machen. Vor allem die Nutzung des Internet sei eine ganz wichtige Sache, erklärte Schmid. „Dank unserer Hilfsmittel kann zum Beispiel künstliche Intelligenz dabei helfen, Internetseiten barrierefreier zu machen. Das ist eine wunderbare Sache.“ Aber wie man am Beispiel der Schulbücher sehen könne, werde es problematisch, wenn nicht der gemeinsame Wille und das Befolgen gegebener Richtlinien dahinter steckt.
„Es gibt Web Accessibility Guidelines. Sie müssen aber auch richtig umgesetzt werden.“ Schmid zufolge müsse man darüber hinaus vom medizinischen, defizitorientierten Modell von Behinderung wegkommen.
Erich Schmids Rede bei der Inklusions-Demo
Am 28. September 2022 wurde in ganz Österreich gegen die Unterlassung der vollständigen Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention protestiert. Tausende Menschen forderten in Wien, Bregenz, Eisenstadt, Innsbruck, Klagenfurt, Linz, Salzburg und St. Pölten Inklusions-Maßnahmen wie beispielsweise die Umsetzung barrierefreier Gebäude, ein inklusives Bildungssystem, existenzsichernde Arbeit und Lohn statt Taschengeld sowie bundesweit einheitliche und bedarfsgerechte Persönliche Assistenz.
Erich Schmid erklärte in seiner Rede am Ballhausplatz: „Gebt dem Gedanken der Inklusion viel, viel mehr Raum in euren Herzen und euren Köpfen!“