Das Hilfswerk Österreich stellte am 30. September 2025 gemeinsam mit dem Market Institut in Wien die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage vor. Mehr als 1.000 Personen waren befragt worden, welche Erfahrungen und Sorgen sie mit der Pflege in Österreich verbinden. Die Ergebnisse zeigen deutlich: Es braucht umfassende Reformen – gerade auch für Menschen mit Behinderungen.
Was die Befragung zeigen sollte
Die Studie wollte ein genaues Bild der Situation pflegebedürftiger Menschen und ihrer Angehörigen geben. Im Fokus standen ihre Bedürfnisse, Wünsche und Sorgen.
Untersucht wurde, ob Pflegegeldbezieher*innen mit dem Geld auskommen, ob die Einstufung als gerecht empfunden wird und welche Unterstützung sie tatsächlich nutzen können. Wichtig war auch die Frage, ob Betroffene die Art der Betreuung selbst bestimmen – oder ob vor allem Kosten und Wohnsituation den Ausschlag geben.
Menschen ohne Pflegegeldbezug wurden nach ihren Erwartungen für eine mögliche spätere Pflege gefragt, insbesondere nach der Wahl zwischen Betreuung zu Hause oder im Heim sowie nach der Leistbarkeit.
Selbstbestimmung wird oft verhindert
97 % der Befragten halten es für sehr wichtig, selbst über die Form der Pflege entscheiden zu können. Doch mehr als die Hälfte der Pflegegeldbezieher*innen konnte ihre aktuelle Unterstützungsform nicht nach eigenen Vorstellungen wählen – häufig, weil finanzielle Mittel fehlen oder bürokratische Hürden im Weg stehen.
Für den Behindertenrat ist klar: Selbstbestimmung darf nicht von der Brieftasche abhängen.
Pflege zu Hause statt Heime
81 % der Befragten wünschen sich, im Pflegefall zu Hause betreut zu werden. Nur 19 % würden ein Pflegeheim wählen. Gleichzeitig erwarten 95 %, dass der Staat deutlich mehr für Menschen tun muss, die zu Hause betreut werden.
Für viele Menschen mit Behinderungen ist Pflege zu Hause ein zentraler Baustein für Lebensqualität, Teilhabe und weniger Isolation.
Finanzielle Sorgen und Einstufungsprobleme
Zwei Drittel der Betroffenen kommen mit dem Pflegegeld kaum oder nur schwer zurecht. 92 % der Bevölkerung machen sich Sorgen, ob sie sich Pflege künftig leisten können. Zusätzlich fühlt sich fast die Hälfte der Pflegegeldbezieher*innen falsch eingestuft.
Der Behindertenrat betont: Eine ausreichende Finanzierung der Pflege sowie die Weiterentwicklung des Pflegegelds und die Verbesserung der Begutachtungssituationen sind weiterhin überfällig.
Bürokratie raubt Kraft
82 % der Befragten wünschen sich weniger Bürokratie und bessere Beratung. Pflegebedürftige und Angehörige müssen aktuell mit bis zu zehn verschiedenen Stellen gleichzeitig kommunizieren. Viele fühlen sich von den komplizierten Verfahren überfordert.
Forderungen des Behindertenrats
Der Österreichische Behindertenrat fordert
- solidarische, nachhaltige Finanzierung des Pflegesystems und Weiterentwicklung des Pflegegelds unter Absicherung und Erhaltung des Geldleistungsprinzips,
- faire Einstufungen durch ein multiprofessionelles Team, die sich nach dem individuellen, tatsächlichen Bedarf richten sowie
- bestmögliche Unterstützung pflegender Angehöriger.
Nur so kann Pflege zu echter Teilhabe beitragen – und Menschen mit Behinderungen ein Leben in Würde ermöglichen.
Service-Link
Studiendetails (PDF)