Im Rahmen der Grazer Wochen der Inklusion wurde eine Zivilschutz-Broschüre für Menschen mit Behinderungen vorgestellt. Angeregt hatte die Erstellung der Broschüre Wolfgang Palle, Behindertenbeauftragter der Stadt Graz.
Das Referat Sicherheitsmanagement und Bevölkerungsschutz der Stadt Graz arbeitete bei der Erstellung der Broschüre mit Wolfgang Palle, dem Grazer Beirat für Menschen mit Behinderung und neun Selbstvertretungsvereinen zusammen.

Die 32-seitige Broschüre „Zivilschutz für Menschen mit Behinderung“ erläutert, warum Zivilschutz so wichtig ist. Welche Auswirkungen ein länger anhaltender Stromausfall (Blackout) haben kann und welche Lebensmittel man immer auf Vorrat daheim haben sollte, wird ebenso erklärt.
Es folgen Informationen über die elf Krisen-Leuchttürme und 26 Krisen-Infopunkte der Stadt Graz.
Es wird auch erklärt, dass man ein verlässliches Netzwerk aufbauen soll. Es ist auch wichtig, einen Notfallplan zu erstellen und mit seinem Netzwerk durchspielen. So lassen sich Schwachstellen erkennen. Es gibt auch Checklisten zum Abarbeiten und selbst Ausfüllen.
Laut dem Sicherheitsmanager Gilbert Sandner soll die Broschüre dazu anregen, über Fragen nachzudenken und frühzeitig Lösungen zu finden. Dabei geht es beispielweise um folgende Fragen:
- Wie kann eine Person mit Diabetes lebensnotwendige Medikamente kühlen, wenn der Strom ausfällt?
- Wie kommen Personen im Rollstuhl aus der Wohnung, wenn der Lift nicht mehr fährt?
- Wie kann man sicherstellen, dass ein Beatmungsgerät auch bei einem Blackout weiterhin funktioniert?
Für folgende Personen gibt es weitere konkrete Informationen
- Personen mit Bewegungseinschränkungen
- seheingeschränkte oder blinde Personen
- gehörlose oder schwerhörige Personen
- Personen mit Lernschwierigkeiten
- Personen mit sprachlichen Einschränkungen
- Dialyse-Patient*innen
- Personen mit Epilepsie
- Personen mit psychischen Erkrankungen
- Personen mit Diabetes
- Personen mit Demenz
- Personen aus dem Autismus-Spektrum
Über die Beauftragtenstelle der Stadt Graz für Menschen mit Behinderung
Die Beauftragtenstelle der Stadt Graz für Menschen mit Behinderung wird von Wolfgang Palle geleitet. Sie ist eine Anlauf- und Beratungsstelle für alle Belange des Alltags. Das betrifft juristische Fragestellungen, aber auch Auskünfte über Assistenz-Leistungen, Mobilität, Wohnung, Arbeit, Frühförderung, Schule, Betreuung in Einrichtungen und viele andere Themen.
Es können sich neben Menschen mit Behinderungen auch Eltern von Kindern mit Behinderungen und Personen melden, die mit Menscen mit Behinderungen arbeiten.
Interview mit dem Behindertenbeauftragten der Stadt Graz

Österreichischer Behindertenrat: Weshalb entwickelte die Stadt Graz eine Zivilschutzbroschüre für Menschen mit Behinderungen?
Wolfgang Palle: Die üblichen Broschüren zu diesem Thema nehmen keine oder zu wenig Rücksicht auf die speziellen Bedarfe bei einzelnen Einschränkungen. Auch im Internet ist dazu sehr wenig zu finden. Deshalb wurde die Broschüre von den Beiratsmitgliedern erstellt und wesentliche Tipps von Selbstvertreter*innen eingebracht.
Gerade Menschen mit Behinderung sind in einem tatsächlichen Krisenfall noch stärker betroffen. Die Schwierigkeit, sich Hilfe holen zu können, wenn Handys und Computer nicht mehr funktionieren, wird oft unterschätzt. Es geht in der Broschüre vor allem darum, Bewusstsein auf dieses Thema zu lenken.
Man kann davon ausgehen, dass ein großflächiger und langandauernder Blackout oder Katastrophenfall sehr unwahrscheinlich ist. Wenn er aber eintreten sollte, sind gerade alte Menschen und Menschen mit Behinderung stark betroffen. Vorsorge lässt sich aber sehr einfach und kostengünstig treffen. Die Broschüre soll die allgemein gehaltenen Broschüren zum Zivilschutz ergänzen und Menschen mit Behinderung die Vorsorge erleichtern.
Österreichischer Behindertenrat: Wie werden Einsatzkräfte zum Thema Menschen mit Behinderungen geschult – etwa zur Vorbereitung auf Großschadenereignisse im Großraum Graz?
Wolfgang Palle: So wie in ganz Österreich, nämlich rudimentär. Wie die Situation der Einsatzplanung und -durchführung aussieht, kann ich aber nicht sagen, weil ich damit nicht gut genug vertraut bin. Das ist bei den Einsatzorganisationen zu erfragen. Wir brauchen uns da aber keinen Illusionen hinzugeben: Im Ernstfall ist nirgendwo genug Personal vorhanden, um einzelne Personen aufzusuchen und nachzuschauen, ob Hilfe nötig ist. Solche Systeme müssen österreichweit entwickelt werden.
Ich bin froh, dass wir als Beirat für Menschen mit Behinderung nun zumindest den Teil der Aufklärung über Zivilschutz abdecken konnten. Ich denke, in der jetzigen Situation ist das das Allerwichtigste.
Österreichischer Behindertenrat: Wird die Broschüre regelmäßig aktualisiert?
Wolfgang Palle: Die Broschüre soll immer weiter ergänzt werden und so vielen Menschen wie möglich eine Hilfestellung bieten.
Service-Links
Broschüre „Zivilschutz für Menschen mit Behinderung“ runterladen (PDF)
Mag. Wolfgang Palle, Beauftragter der Stadt Graz für Menschen mit Behinderung