Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Nehammer,
sehr geehrter Herr Innenminister Mag. Karner,
sehr geehrter Herr Außenminister Mag. Schallenberg,
sehr geehrter Herr Sozialminister Rauch,
sehr geehrte Landeshauptleute!
Unter den geflüchteten Personen, die in Österreich ankommen, befinden sich auch Menschen mit Behinderungen. Momentan werden jedoch ihre behinderungsbedingten Bedarfe (Hilfsmittel, Betreuung, usw.) nicht ausreichend abgedeckt.
Dies lieg zum einen daran, dass die von den Bundesländern bereitgestellten Leistungen aus der Behindertenhilfe (Betreuung, Assistenz, usw.) von Personen ohne österreichische Staatsbürgerschaft nur dann in Anspruch genommen werden können, wenn sie einen gewissen Aufenthaltstitel haben. Der nun an alle aus der Ukraine geflüchteten Personen vergebene Aufenthaltstitel für Vertriebene gem. § 62 AsylG berechtigt jedoch in keinem Bundesland zu einem Bezug von Leistungen aus der Behindertenhilfe. Damit können aus der Ukraine geflüchtete Personen keine Betreuungs- und Unterstützungsleistungen aus der Behindertenhilfe bekommen. Zum anderen liegt es daran, dass diese Bedarfe von Menschen mit Behinderungen in der momentanen Praxis auch nicht durch die Grundversorgung, auf die alle Menschen die nach Österreich flüchten, Anspruch haben, abgedeckt wird.
In dem Zusammenhang möchten wir jedoch auf Art 6 der Grundversorgungsvereinbarung hinweisen, der neben der „Unterbringung in geeigneten Unterkünften“ (Z 1) auch die „Sicherung der Krankenversorgung im Sinne des ASVG durch Bezahlung der Krankenversicherungsbeiträge“ (Z 5), die „Gewährung allenfalls darüber hinausgehender notwendiger, durch die Krankenversicherung nicht abgedeckter Leistungen nach Einzelfallprüfung“ (Z 6) und die „Maßnahmen für pflegebedürftige Personen“ (Z 7) vorsieht.
Daher fordern wir, dass die Leistungen im Rahmen der Grundversorgung entsprechend der 15a-Vereinbarung an geflüchtete Personen mit Behinderungen angepasst werden. Dazu müssen die Unterkünfte barrierefrei sein und sind Medikamente und Hilfsmittel (Rollstuhl, usw.) bedarfsgerecht zur Verfügung zu stellen. Weiters müssen Betreuungsleistungen und psychosoziale Unterstützungsleistungen erbracht werden, damit Menschen mit Behinderungen selbstbestimmt leben können.
Um Menschen mit Behinderungen dies zur Verfügung zu stellen, müssen ihre behinderungsbedingten Bedarfe bereits bei der Registrierung in Österreich erhoben und erfasst werden. Außerdem muss die Barrierefreiheit von staatlichen und privaten Unterkünften erfasst und transparent gemacht werden. Nur so wird es möglich sein, bedarfsgerechte Leistung im Rahmen der Grundversorgung zu erbringen.
Wir ersuchen Sie, der Situation von geflüchteten Menschen mit Behinderungen die erforderliche Aufmerksamkeit zu widmen und ein koordiniertes Vorgehen zu entwickeln. Gerne sind wir bereit, in diesem Prozess unsere Expertise einzubringen.
Mit besten Grüßen
Mag. Michael Svoboda
Präsident Österreichischer Behindertenrat