Die Volksanwaltschaft fordert vom Bund und den Bundesländern einen Inklusionsfonds. Dieser soll die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention gewährleisten. Sozialminister Johannes Rauch zufolge seien bereits zahlreiche Maßnahmen umgesetzt worden oder würden sich in Umsetzung befinden. Dass die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen immer in allen gesellschaftlichen Bereichen von Anfang an mitgedacht werden, sei Rauch besonders wichtig.
Anlässlich des Europäischen Protesttags zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen am 5. Mai 2022 erklärte Volksanwalt Mag. Bernhard Achitz: „Inklusion bedeutet, dass Menschen mit Behinderungen die gleichen Chancen auf ein möglichst selbstbestimmtes Leben bekommen wie alle anderen Menschen auch“. Alles andere sei gemäß der UN-Behindertenrechtskonvention, zu der sich auch Österreich bekennt, Diskriminierung. Doch die Umsetzung von Inklusionsmaßnahmen scheitere häufig an den finanziellen Mitteln. Diese müsse die öffentliche Hand „dafür auf den Tisch legen“, so Achitz. Zudem müsse der Nationale Aktionsplan Behinderung 2022 – 2030 (NAP) ausfinanziert werden.
Die aktuelle Teuerung treffe Menschen mit Behinderungen besonders hart. Diese seien nämlich häufig auf Sozialleistungen angewiesen, die bereits seit Jahren nicht erhöht, geschweige denn an die Inflationsrate angepasst worden seien.
Nationaler Aktionsplan Behinderung
Der Nationale Aktionsplan Behinderung verfolgt das Ziel, die UN-Behindertenrechtskonvention in Österreich bundesweit umzusetzen. Im NAP werden Ziele, konkrete Maßnahmen und Indikatoren formuliert, anhand derer die Rechte von Menschen mit Behinderungen in der Praxis umgesetzt werden sollen. Der NAP Behinderung wurde in einem breiten partizipativen Prozess (auch der Österreichische Behindertenrat ist eingebunden) gemeinsam erarbeitet, befindet sich derzeit in Abstimmung und soll noch im ersten Halbjahr 2022 im Ministerrat beschlossen und veröffentlicht werden.
Ein entscheidender Faktor für den Erfolg des NAP werde nicht nur dessen Inhalt sein, sondern vor allem die Finanzierung der geplanten Maßnahmen, so Volksanwalt Achitz. Wie im Regierungsprogramm 2020 – 2024 angedacht, sei dafür die Einrichtung eines aus Mitteln des Bundes und der Länder gespeisten Inklusionsfonds zur Finanzierung von Maßnahmen erforderlich, die an der Schnittstelle zwischen Bundes- und Landeskompetenz liegen. Sozialminister Johannes Rauch, aber auch die Landeshauptleute seien Achitz zufolge dringend gefordert, „endlich eine Lösung zu finden und das Geld für die Inklusion auf den Tisch zu legen“.
Sozialminister Johannes Rauch erklärte anlässlich des Protesttages: „Ich weiß um die Hürden, die es bei der tatsächlichen Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen noch zu überwinden gilt. Ich habe es mir daher zu einem Ziel meiner Amtszeit gemacht, in diesem Bereich Verbesserungen voranzubringen.“ Der Sozialminister machte deutlich, dass bereits zahlreiche Maßnahmen umgesetzt worden seien oder sich derzeit in Umsetzung befinden würden. Dass die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen immer in allen gesellschaftlichen Bereichen von Anfang an mitgedacht werden, sei Rauch besonders wichtig. Aus diesem Grund lege er großen Wert darauf, dass die betroffenen Personengruppen in die Entwicklungsprozesse eingebunden werden und ihre Vorschläge und Forderungen Berücksichtigung finden.
Verbesserung der Teilhabe
Die Finanzierung eines inklusiven und durchlässigen Arbeitsmarktes lasse sich durchaus aus dem Inklusionsfonds finanzieren, so Achitz. Denn wer für Arbeit nur ein Taschengeld erhalte, könne ein selbstständiges Leben nicht finanzieren. „Viele Menschen mit Behinderungen könnten selbständig in eigenen Wohnungen leben, können sich diese aber nicht leisten. Sie arbeiten Tag für Tag in Werkstätten, werden aber mit Taschengeld abgespeist, statt einen ordentlichen Lohn zu bekommen“, kritisiert der Volksanwalt. Beschäftigte in Werkstätten hätten zudem keine Sozialversicherung, sondern seien auf die Mitversicherung bei ihren Eltern angewiesen. Zwar gebe es diesbezüglich Bekenntnisse von allen Seiten, doch nach wie vor sei nichts Konkretes umgesetzt worden. Sobald es um die Finanzierung gehe, würden der Bund und die Bundesländer die Verantwortung hin- und herschieben, kritisiert Achitz, dem die Initiative „Lohn statt Taschengeld“ ein wichtiges Anliegen ist.
Berufliche Teilhabe
Rauch zufolge sei bereits ein Bündel an Maßnahmen geschnürt worden, beispielsweise zur Verbesserung der beruflichen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. Dafür sollen im Jahr 2022 bis zu 315 Millionen Euro eingesetzt werden. Neben Maßnahmen wie integrativen Betrieben und Lohnkostenzuschüssen würden Angebote wie Jugendcoaching, AusbildungsFit, die Berufsausbildungsassistenz, die Arbeitsassistenz und das Jobcoaching im Rahmen des Netzwerks Berufliche Assistenz (NEBA) das Herzstück der Maßnahmen zur Verbesserung der beruflichen Teilhabe darstellen.
Die Bundesregierung habe sich darüber hinaus das Ziel gesetzt, Unternehmen stärker dabei zu unterstützen, Menschen mit Behinderungen einzustellen. Dafür sei mit dem NEBA Betriebsservice ein Beratungs- und Serviceangebot für Unternehmen entwickelt worden, das auf die Bedürfnisse jedes einzelnen Betriebes eingeht. Geplant sei weiters ein Abbau der Zugangshürden bei Förderungen sowie „Lohn statt Taschengeld“, denn mit dieser Maßnahme werde der Übergang aus tagesstrukturierenden Einrichtungen in den offenen Arbeitsmarkt erleichtert.
Rauch zufolge sei zudem ein neues Barrierefreiheitsgesetz geplant, das die Barrierefreiheit von PCs, Smartphones, Geldautomaten, Fahrkartenautomaten und Bankdienstleistungen von Beginn vorsieht.
Servicelinks
- Nationaler Aktionsplan Behinderung (NAP) – Österreichischer Behindertenrat
- Bericht der Volksanwaltschaft an das Parlament, Kapitel zum NAP (ab Seite 105)
- Sonderbericht der Volksanwaltschaft
- Sonderbericht in Leicht Lesen
Kerstin Huber-Eibl