Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) einigten sich am 27. November 2023 im Rat der Europäischen Union auf die Einführung eines EU-weit gültigen Behindertenausweises und eines EU-Behindertenparkausweises.
Besondere Konditionen und bevorzugte Behandlung, die für Menschen mit Behinderungen in deren Wohnsitzland gelten, sind somit auch für andere EU-Bürger*innen mit Behinderungen, die dieses Land besuchen, gültig. Der Europäische Behindertenausweis soll in der gesamten EU als Nachweis für eine Behinderung anerkannt werden und sowohl im Kartenformat als auch in digitaler Form verfügbar sein. Die Parkkarte wird es nur als physische Karte geben, wobei es den Mitgliedsstaaten freisteht, auch digitale Varianten anzubieten.
Gemeinsamer Ausweis für barrierefreies Reisen durch die EU
Die neue Richtlinie soll sicherstellen, dass Menschen mit Behinderungen bei Kurzaufenthalten in der gesamten EU gleichberechtigten Zugang zu Sonderkonditionen oder Vorzugsbehandlungen erhalten. Beispiele dafür sind ermäßigte Eintrittspreise bzw. kostenloser Eintritt sowie vorrangiger Zugang, Unterstützung und reservierte Parkplätze. Der Bereich umfasst auch Kultur- und Freizeitveranstaltungen, Sport- und Strandanlagen sowie Verkehrsdienste.
Für die Ausstellung physischer und digitaler Europäischer Behindertenausweise sind die nationalen Behörden zuständig. Um eine einheitliche Umsetzung und gegenseitige Anerkennung in der gesamten EU zu gewährleisten, wird der Europäische Parkausweis innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten der Richtlinie bestehende Parkausweise für die grenzüberschreitende Mobilität ersetzen.
Hintergrund und nächste Schritte
Die vorgeschlagene Richtlinie ist Teil der EU-Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2021-2030. Sie baut auf den Erfahrungen eines Pilotprojekts für einen EU-Behindertenausweis auf, das in acht Mitgliedstaaten durchgeführt wurde, sowie auf dem bereits bestehenden Europäischen Parkausweis für Menschen mit Behinderungen, der auf einem früheren freiwilligen EU-System beruht.
Der Vorschlag der Kommission wurde im September angenommen. Seither wurde im Rat auf technischer Ebene intensiv an einer Verhandlungsposition gearbeitet. Es wird erwartet, dass die Verhandlungen über die endgültige Form der Richtlinie so bald wie möglich beginnen werden, sobald das Europäische Parlament Anfang 2024 über sein Mandat abgestimmt hat.
Stimmen zum EU-Behindertenausweis und zur EU-Behindertenparkausweis
Sozialminister Johannes Rauch, der für Österreich an dem Minister*innentreffen teilnahm, drückte im Europäischen Rat die Hoffnung aus, dass die entsprechende Richtlinie noch unter der belgischen Ratspräsidentschaft in der ersten Jahreshälfte 2024 unter Dach und Fach gebracht werde. Bevor der Rat und das Parlament mit Verhandlungen beginnen können, muss das Europaparlament eine Position zu diesem Vorhaben festlegen.
„Der freie Personenverkehr ist eine der Grundfreiheiten, die allen EU-Bürger*innen gleichermaßen zusteht. Oder besser gesagt zustehen sollte. Denn Menschen mit Behinderungen wird das Reisen noch immer durch zahlreiche Barrieren erschwert. Der Europäische Behindertenausweis soll genau das erleichtern und ist ein wichtiger Schritt zur Verwirklichung der Personenfreizügigkeit für EU-Bürger*innen mit Behinderungen“, erklärte Klaus Widl, Präsident des Österreichischen Behindertenrates, am 27. November.
Auch wenn es soziale Unterstützungsleistungen nicht in den finalen Kompromisstext der Ratsarbeitsgruppe geschafft hätten, könne man Widl zufolge mit dem Ergebnis durchaus zufrieden sein. „So soll der Europäische Behindertenausweis etwa den Bereich Verkehr umfassen und auch auf Drittstaatsangehörige mit legalem Aufenthalt ausgeweitet werden. Nun bleibt abzuwarten, was die Trilog-Verhandlungen zwischen Europäischem Rat, Europäischer Kommission und Europäischem Parlament bringen werden. Sobald die Richtlinie zum Europäischen Behindertenausweis verabschiedet ist, muss sich Österreich an eine schnellstmögliche Umsetzung machen“, so Widl abschließend.