Bundespräsident Dr. Alexander Van der Bellen lud Vertreter*innen des Österreichischen Behindertenrates am 16. Dezember 2022 zu einem Gespräch über behindertenpolitische Themen in sein Arbeitszimmer. Anschließend feierten der Bundespräsident und Mag. Doris Schmidauer mit Menschen mit Behinderung aus ganz Österreich im Zeremoniensaal der Wiener Hofburg ein vorweihnachtliches Fest.
Arbeitsgespräch mit dem Bundespräsidenten
Bundespräsident Dr. Alexander Van der Bellen lud Vertreter*innen des Österreichischen Behindertenrates am 16. Dezember 2022 zu einem Gespräch in sein Arbeitszimmer.
An der Unterhaltung über aktuelle behindertenpolitische Themen nahmen Behindertenrats-Präsident Klaus Widl, Mag. Doris Schmidauer, Sozialminister Johannes Rauch, Behindertenrats-Vizepräsident Rudolf Kravanja und Behindertenrats-Präsidiumsmitglied Mag. Johanna Pisecky teil.
Sowohl der Bundespräsident als auch der Sozialminister machten dem Präsidium des Behindertenrates gegenüber Zugeständnisse. So meinte Johannes Rauch, dass er von Klaus Widl bei einem Gespräch im Beisein des Bundespräsidenten zurecht gerügt worden sei. Bei der Unterredung hatte Rauch Verbesserungen für Menschen mit Behinderungen versprochen. Dieses Versprechen wird schließlich eingelöst: So ist der Österreichische Behindertenrat etwa in die Umsetzung und Ausgestaltung des Pilotprojekts zur Persönlichen Assistenz eng eingebunden.
Der Bundespräsident sagte Klaus Widl bei dem Arbeitsgespräch zu, auf die vorgebrachten Menschenrechts-Forderungen bei den Neujahresgesprächen mit den einzelnen Minister*innen mit Nachdruck hinzuweisen. Dass Österreich in vielen Bereich in der Umsetzung UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen säumig ist, sei schließlich unbestritten.
Weihnachtsfest für Menschen mit Behinderungen
Bundespräsident Dr. Alexander Van der Bellen und Mag. Doris Schmidauer feierten am 16. Dezember 2022 mit Menschen mit Behinderung aus ganz Österreich im Zeremoniensaal der Wiener Hofburg ein vorweihnachtliches Fest.
Rede Bundespräsident Dr. Alexander Van der Bellen
„Das Bild von Menschen mit Behinderungen in unseren Köpfen muss sich ändern. Weg von dem, was nicht geht, hin zu dem, was eine inklusive Gesellschaft leisten kann. Denn ich sehe hier Selbstbestimmtheit, Talente, Vielfalt – und all das, macht uns gemeinsam stärker. Es freut mich sehr, dass wir heuer wieder im Rahmen einer inklusiven vorweihnachtlichen Feier zusammengekommen sind – Menschen mit Behinderungen, Menschen ohne Behinderungen, Familienangehörige, Verwandte, Freund*innen und Unterstützer*innen und Vertreter*innen von Organisationen, Vereinen und Verbänden“, erklärte Bundespräsident Dr. Alexander Van der Bellen in seiner Rede beim Weihnachtsfest für Menschen mit Behinderungen.
Rede Sozialminister Johannes Rauch
Sehr geehrte Fest- und Ehrengäste heute! Ich bin bin ja seit 8. März in diesem Amt. Das ist noch nicht allzu lange. Manchmal kommt es mir vor wie zehn Jahre, nicht wie zehn Monate.
Ich bin im April, meine ich, da gewesen in diesem Saal. Und da hat Herr Präsident Widl mich gerügt. Und das zurecht getan. Nämlich: Dass wir hier in Österreich im Bereich der Integration von Menschen mit Behinderungen in vielen Bereichen säumig sind und es da Taten braucht und nicht nur Worte.
Und ich habe mir diese Ihre Worte sehr zu Herzen genommen und habe dann versucht, im Zuge der Budgeterstellung für das Jahr 2023 Nägel mit Köpfen zu machen. Und es ist uns dann gelungen, einen ganz wichtigen Meilenstein zustande zu bekommen: Nämlich die Persönliche Assistenz für Menschen mit Behinderung. Und ich kannte mit Ihnen gemeinsam in einer Pressekonferenz das auch vorstellen. Wir haben 100 Millionen Euro zur Verfügung, um die Persönliche Assistenz für Menschen mit Behinderungen zunächst für einen Pilotversuch in Vorarlberg, Tirol und Salzburg – und dann aber auch österreichweit ausgerollt – umzusetzen.
Ich meine es ernst mit der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Und wir meinen es ernst, wenn wir sagen: Beteiligung von Menschen mit Behinderung muss in allen Lebenslagen möglich sein. Und Persönliche Assistenz bedeutet für uns: Das sind Anstellungsverhältnisse. Sozialversicherungsrechtlich abgesichert, pensionsversicherungsrechtlich abgesichert. Das Bild von Menschen mit Behinderung in den Köpfen der Menschen zu verändern: Es muss gelingen, Teilhabe selbstverständlich zu machen.
Es muss gelingen, zur Normalität werden zu lassen. Und es muss auch gelingen, die Teilhabe und die Beteiligung in allen Bereichen des Lebens sicherzustellen.
Und deshalb war es uns wichtig und ist es uns wichtig – in der Arbeit meines Hauses, unseres Hauses – das auch zu leben. Und ich kann Ihnen zusichern und versprechen: Sie werden bei der Ausgestaltung der persönlichen Assistenz, Sie werden bei der Ausgestaltung der Maßnahmenpakete, die wir jetzt auf den Weg bekommen, selbstverständlich mitbeteiligt und auf Augenhöhe mitreden können.
Letzter Punkt von meiner Seite, und es ist mir wichtig, da anzuknüpfen, wo der Herr Bundespräsident mit dem Krieg in der Ukraine begonnen hat. Wir haben in diesem Land eine Vielzahl von Krisen zu bewältigen. Es fängt an mit dem Krieg in der Ukraine, mit den Flucht-Situationen, die wir haben, mit der Energiekrise, mit der Teuerung, die Klimakrise.
Und mir ist es ein Anliegen, zwei Dinge zu vermitteln: Wir sollten trotz aller Schwierigkeiten mit einer Grundausstattung an Zuversicht an die Bewältigung dieser Krisen herangehen. Es nützt nichts, den Kopf in den Sand zu stecken. Und wir sollten einfach sagen: Wenn es uns gelingt, ein Mindestmaß an Zusammenhalt, ein Mindestmaß an Solidarität – auch europäische Solidarität – zu halten, dann werden wir es schaffen. Und ich darf Ihnen sagen: Sie, die Menschen mit Behinderungen, die Verbände, die haben uns das vorgelebt: Ja, es geht. Ja, wir werden das schaffen.
Ich wünsche Ihnen allen frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr.
Rede Klaus Widl, Präsident Österreichischer Behindertenrat
Sehr geehrter Herr Bundespräsident, sehr geehrte Frau Mag. Schmidauer, sehr geehrter Herr Sozialminister, sehr geehrter Herr Dr. Karas, sehr geehrte Festgäste!
In den letzten beiden Jahren konnte der Weihnachtsempfang Corona-bedingt nicht stattfinden. Umso mehr freut es mich und bedanke ich mich dafür, dass wir solchen heute ausrichten dürfen. Mit Weihnachten rückt auch das Jahresende immer näher. Und ich möchte gerne meine Rede für einen kurzen Jahresrückblick nützen.
Behindertenpolitisch war es eine sehr turbulente und durchaus angespannte Zeit. Am 28. September sind tausende Menschen mit Behinderungen in ganz Österreich auf die Straße gegangen, um für ganz normale Menschenrechte, zu denen sich Österreich schon vor 14 Jahren bekannt und vertraglich verpflichtet hat, zu demonstrieren. Da wir danach keinerlei politische Reaktionen erhalten haben, sind wir vor zwei Wochen nochmals angetreten und haben unser Menschenrechts-Forderungspaket überreicht.
Übermorgen, am vierten Adventssonntag wird um 19 Uhr auf der Wiener Ringstraße ein Lichtermeer stattfinden. Damit wollen wir nochmals gemeinsam ein Zeichen für das Menschenrecht auf Inklusion und eine inklusive Gesellschaft setzen.
Wir haben heute schon gehört: Wir dürfen uns auf einen ersten wichtigen und für mich absoluten Meilenstein auf dem Weg in Richtung Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention freuen. Durfte ich doch am 6. Dezember bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit unserem Sozialminister Johannes Rauch das für Menschen mit Behinderungen so wichtige Pilotprojekt zur Umsetzung von Persönlicher Assistenz präsentieren. Und es freut mich, dass sich seitens unserer Bundesregierung unser Sozialminister mit vollem Engagement und Überzeugungskraft dafür eingesetzt hat, die nötigen zusätzlichen Budgetmittel für ein selbstbestimmtes Leben für Menschen mit Behinderungen zu erhalten. Herr Sozialminister, im Namen des Österreichischen Behindertenrates vielen Dank dafür.
Menschen mit Behinderungen wollen kein Mitleid oder sonstige Gefälligkeiten. Wir wollen doch nur, was uns menschenrechtlich zusteht. Wir wollen einfach nur ein Recht auf gesellschaftliche Teilhabe, ein Recht auf umfassende Inklusion. Ein Recht auf Bildung und inklusiven Unterricht. Ein Recht auf existenzsichernde Arbeit, ein Recht auf Barrierefreiheit und den Zugang zu allen Gebäuden und zu allen Dienstleistungen. Und damit das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben.
Wenn ich mir also was zu Weihnachten wünschen darf, dann ist es eine inklusive Gesellschaft, in der Menschen mit und ohne Behinderungen völlig normal und gemeinsam leben. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen ein besinnliches und frohes Weihnachtsfest.
Fotos und Videos: Kerstin Huber-Eibl